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Re: Bio-Zertifizierung

Verfasst: Di 30. Mai 2017, 08:55
von schafbauer
Ich bin ein starker Befürworter für die biolog Produktion und bin auch seit Jahren daran meinen Betrieb daraufhin umzustellen.

Ein Problem gibt es aber trotzdem. Ich habe es schon öfters durchgerechnet (den aus Taten alleine lebt man nicht) und hin u her jongliert wie es am Besten wäre und mit von A bis Z beraten lassen.

Es kam im Endeffekt immer auf das Gleiche raus: Da es in Ö keinen wirklichen Markt für biolog Lammfleisch gibt u somit auch kein Mehr an Erlös zu erwirtschaften ist rechnet sich das biolog Model auf keinen Fall für mich. Hätte ich Hühner oder Schwein (ein boomender Markt bei uns) vielleicht auch Rind wäre es anders.

Heisst: jeder muss es auf seinen Betrieb abstecken.Fertig. Alles andere kann niemand sagen.

Re: Bio-Zertifizierung

Verfasst: Di 30. Mai 2017, 10:01
von Krauli
Thorsten hat geschrieben:Ich habe gehört, dass Bio-Honig in Deutschland auch von Nicht-Bio-Pflanzen "gesammelt" werden darf!? In den Niederlanden z.B. soll das viel schärfer definiert sein?!

Somit können sich die Bio-Kriterien in D ja nur auf die Haltung der Bienen beziehen, oder? Dann, Henry, ist der einzige zugesicherte Vorteil ja doch nur aus Tiersicht erkennbar?!
Hallo Thorsten,

das ist teilweise richtig.
Leider ist die Biene ja kein Tier, wie Schaf oder Kuh, dass ich einsperren lässt. Sie fliegt einfach alles an, was sich in ihrem Umkreis (3km) befindet.
Bei meiner Kontrolle (gestern) wurden die Standorte der Bienen kontrolliert (und die Bienen selbst natürlich auch). Hier wurde Wert darauf gelegt, dass die Bienen sich nicht ein Reichweite von stark gespritzen Flächen aufhalten. Als Beispiel wurde immer wieder konventioneller Obstbau genannt, auch Raps ist nicht gern gesehen.
Außerdem werden zufällige Proben vom Honig gezogen, ob bestimmte Grenzwerte eingehalten werden. Falls nicht, darf der Honig nicht als Bio(land) vermarktet werden.
Hier die Unterschiede bzw. Vorschriften (ich hoffe, die sind in den Links noch nicht enthalten - ich hab gerade nicht viel Zeit mir diese zu Gemüte zu führen): https://www.imkerei-forst.de/wissenswer ... chtlinien/
Dabei ist Demeter natürlich sehr viel strenger.

Für die Bienen an sich sehe ich jetzt spontan die Vorteile: Kein Flügelschneiden, keine künstliche Besamung
Vielleicht ließe sich als Vorteil auch noch die Vorgabe eines natürlichen Materials der Beute sein. Bei meiner Imkerkollegin schmieren die Bienen immer alles voller Propolis, weil sie dieses Styropor zu stören scheint. Bei mir kaum. Das kann aber auch Zufall sein.

EInen großen Nachteil sehe ich aber bei Demeter - was mich neben der Esotherik davon abgehalten hat diesen Verband zu wählen: Das verbotene Absperrgitter.
Ich finde es weder ethisch noch hygienisch vertretbar Brut bei der Honiggewinnung mit zu schleudern bzw. vorher herauszuschneiden (->töten).

Gruß,
Krauli

Re: Bio-Zertifizierung

Verfasst: Di 30. Mai 2017, 11:24
von Thorsten
Vielen Dank, Krauli! Statt "witziger" Kommentare endlich mal fundierte Infos!

Da dies hier ein Schaf- und kein Bienenforum ist, will ich es dann auch mal dabei belassen.

LG Thorsten

Re: Bio-Zertifizierung

Verfasst: Di 30. Mai 2017, 11:41
von Insane
Krauli hat geschrieben:
EInen großen Nachteil sehe ich aber bei Demeter - was mich neben der Esotherik davon abgehalten hat diesen Verband zu wählen: Das verbotene Absperrgitter.
Ich finde es weder ethisch noch hygienisch vertretbar Brut bei der Honiggewinnung mit zu schleudern bzw. vorher herauszuschneiden (->töten).

Gruß,
Krauli
Sagt Demeter, warum sie gegen das Absperrgitter sind? Gerade das verhindert doch (wie erwähnt) das Töten der
mitten im Honig ungewollten Brut?

Re: Bio-Zertifizierung

Verfasst: Di 30. Mai 2017, 17:22
von Henry
Krauli hat geschrieben:Vorteile: Kein Flügelschneiden, keine künstliche Besamung.
wo genau liegt der Vorteil für die 40.000 Bienen, daß ihre Mutter nicht künstlich besamt wurde und keinen geschnittenen Flügel hat?

Und Styropor besteht ausschließlich aus natürlichen Materialien. Im Wesentlichen aus Luft und zu weniger als 4% aus einem Erdöl-"Extrakt". Und Erdöl ist ganz zweifelsfrei komplett natürlich. Die BIO-Logik ist uneindeutig, denn ihr fehlt die Grundlegende Definition des "natürlichen Materials". Gerade für die Imkerei ist BIO reines Marketing und schädlich für den Imkernachwuchs.

Re: Bio-Zertifizierung

Verfasst: Di 30. Mai 2017, 17:46
von Krauli
Henry hat geschrieben:
Krauli hat geschrieben:Vorteile: Kein Flügelschneiden, keine künstliche Besamung.
wo genau liegt der Vorteil für die 40.000 Bienen, daß ihre Mutter nicht künstlich besamt wurde und keinen geschnittenen Flügel hat
Naja, die Bienen vielleicht nicht, aber die Königin wird es schon merken.

Wenn ich zehn Schafe habe und eines davon Brot kriegt, haben die neun verbleibenden ja auch keinen Vorteil... Aber einem geht's halt besser.

Re: Bio-Zertifizierung

Verfasst: Di 30. Mai 2017, 17:56
von Henry
Der Flügel einer Bienenkönigin (Insekt) ist nicht innerviert. Vergleichbar einem Fingernagel. Zur Besamung wird sie narkotisiert. Sie fliegt nicht zur Begattung aus und hat nicht das größte Risiko ihres Lebens.

Nachdem nun anerkannt ist, daß mit 40.000 lebenden Bienen und vielen Millionen Kindern im Laufe eines Königinnenlebens die deutliche Mehrheit keinen Schaden vom geschnittenen Flügel und der Besamung der Königin hat, wo liegt der Nachteil für die Königin?

Re: Bio-Zertifizierung

Verfasst: Mi 31. Mai 2017, 08:37
von Heumann
Zu den Bienen:
Der Ausschluss der künstlichen Besamung ist ein schlimmer Rückschritt in der Tierzucht. Gerade in Zeiten der Varroamilbe eigentlich ein Unding.

Großer Vorteil der Bio-Bienen: Das Biowachs in den Mittelwänden wird untersucht und ist frei von vielem Scheiß. Der Wachsmarkt ist global. Was an Medikamenten und Pflanzenschutz in China angewendet wird, kann hier im konventionellen Wachs auftauchen. Ich selbst kenne noch Imker, die Perizin einsetzten, ein seit vielen Jahren verbotenes Medikament.
In Biowachs ist das nicht.
Und mit dem Wachs kommt der Honig in Kontakt.

Re: Bio-Zertifizierung

Verfasst: Mi 31. Mai 2017, 10:04
von Manfred
Heumann hat geschrieben:Der Ausschluss der künstlichen Besamung ist ein schlimmer Rückschritt in der Tierzucht. Gerade in Zeiten der Varroamilbe eigentlich ein Unding.
Das kann man auch genau andersherum auslegen:
Die Verarmung der genetischen Vielfalt durch die künstliche Besamung macht es den Nutzbienen extrem schwer auf Veränderungen wie eben die Varroamilbe zu reagieren und natürliche Abwehrstrategien zu entwickeln.

Die seit Jahren andauernde Massenbehandlung bewirkt hautsächlich eines: Die Selektion behandlungsresistenter Milben.
Auf Dauer führt deshalb kein Weg daran vorbei Bienen zu selektieren, die selbst mit den Milben fertig werden.

Siehe z.B.
http://www.stuff.co.nz/business/farming ... ce-in-bees

Re: Bio-Imkerei (Split aus "Bio-Zertifizierung")

Verfasst: Mi 31. Mai 2017, 11:01
von Henry
Heumann hat geschrieben:Großer Vorteil der Bio-Bienen: Das Biowachs in den Mittelwänden wird untersucht und ist frei von vielem Scheiß.
Das ist leider ein Trugschluß. Biowachs ist Wachs, das aus einem nach Bio-Richtlinien zertifizierten Betrieb stammt. So ist die Definition nach der ÖKO-Richtlinie. Und die ist bindend. Auf seine Inhaltstoffe kommt es dabei nicht an. Im Umkehrschluß ist rückstandsfreies Wachs eben gerade kein Bio-Wachs, obwohl oft so angepriesen. Sowohl für Honig als auch für Wachs gilt, daß nicht das Produkt unterschieden wird (oder werden kann), sondern die Herstellungsweise. Ich halte es auch für schwer möglich, am Wachs nachzuweisen, ob der Königin der Flügel gestutzt wurde. :rofl:
Heumann hat geschrieben:Was an Medikamenten und Pflanzenschutz in China angewendet wird, kann hier im konventionellen Wachs auftauchen.
Im Bio-Wachs aber eben auch.
Heumann hat geschrieben:Ich selbst kenne noch Imker, die Perizin einsetzten, ein seit vielen Jahren verbotenes Medikament.
Perizin ist weder verboten noch fehlt ihm die Zulassung: https://imedikament.de/perizin Der Unterschied zwischen "verboten" und "nicht zugelassen" und "nicht mehr produziert" oder "nicht mehr vertrieben" ist existent und von Bedeutung. Auch für Dich.
Heumann hat geschrieben:Und mit dem Wachs kommt der Honig in Kontakt.
Die Behandlung von Schwärmen mit Coumaphos (Perizin) ist eine der effektivsten und schonendsten Methoden ganz rückstandsfrei Tropilealaps und Varroa loszuwerden. Was Un-Bio daran sein soll, Bienen die Parasiten zu nehmen, frage ich die skeptischen meiner Kunden, deren Schoßhund ein Flohhalsband trägt ...