Ganzheitlich geplante Beweidung - Holistic Management

Manfred
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Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - Holistic Management

Beitrag von Manfred »

Ein kurzer Bericht über Holistic Management auf der Lazy R Ranch in Cheney, US Bundesstaat Washington (das liegt im Nordosten der USA, nahe der Grenze zu Kanada).
http://www.capitalpress.com/article/201 ... /161209976
Manfred
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Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - Holistic Management

Beitrag von Manfred »

Diese Grafik über das Wachstum der Luzerne:
Luzerne.jpg
Luzerne.jpg (58.2 KiB) 3992 mal betrachtet
Habe ich aus einem Vortrag von Chris Teutsch über Weidesysteme für kleine Wiederkäuer geklaut.
https://www.youtube.com/watch?v=KyU3oZtIgPM

Die obere Kurve zeigt den Trockenmasse-Ertrag pro Fläche in lb (= 0,453 kg) pro Acre (=0,404 ha) in Abhängigkeit von der Aufwuchshöhe.
Die untere Kurve zeigt den Kohlehydrat-Gehalt der Wurzel in %.
Das Maximum des Kohlehydratgehalts in der Wurzel liegt bei ca. 35%.
Wird die Luzerne gemäht oder abgefressen, dann dienen diese Kohlehydrate der Pflanze als Energiereserve für einen schnellen Wiederaustrieb.
Bis zu einer Wuchshöhe von 6-8 inch (15 bis 20 cm) sinkt der Kohlehydratgehalt der Wurzel ab. erst danach erreicht die Pflanze wieder genug Photosyntheseleistung, um den Wurzelspeicher langsam wieder zu füllen.
Wird die Pflanze zu früh abgefressen/gemäht, also bevor der Kohlehydratspeicher wieder voll gefüllt ist, dann verlangsamt sich der nächste Wiederaustrieb und es geht Ertrag verloren.

So funktioniert der Wiederaustrieb fast aller Grünlandpflanzen. Nur wo und in welcher Form die Energie gespeichert wird, unterschiedet sich etwas.

Wenn die Tiere zu lange auf der Flächen bleiben und so den jungen Austrieb gleich wieder verbeißen oder wenn die Tiere zu früh wieder auf die Fläche kommen, bevor die Speicher wieder gefüllt sind: In beiden Fällen entsteht eine Überweidung und man verliert Ertrag.
Manfred
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Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - Holistic Management

Beitrag von Manfred »

Noch eine interessante Grafik aus diesem Vortrag.
Ein Versuch von F.J Crider, veröffentlicht 1955.
Wurzelwachstum.jpg
Wurzelwachstum.jpg (77.97 KiB) 3986 mal betrachtet
Wie reagierte das Wurzelwachstum der Pflanze auf die Mahd/Beweidung:
Ausgangspunkt waren gut entwickelte, mahdreife Graspflanzen.
-Wurden 50% (oder mehr) der Grünmasse entfernt, stoppte das Wurzelwachstum.
-Wurden 90% auf einmal entfernt, stoppe das Wurzelwachstum für 17 Tage
-Wurde das Gras 3 x die Woche gemäht (wie Rasen) stoppte das Wurzelwachstum komplett und kam gar nicht mehr in gang
-Wurden 40% oder weniger der Grünmasse entfernt, stoppe das Wurzelwachstum gar nicht.

Heißt für die Beweidung: Optimal wäre, wenn bei jedem Durchgang maximal 40% der Blattmasse einer jeden Pflanze abgefressen würden.
Dann könnte die Pflanze unter- wie oberirdisch fast ungebremst weiterwachsen. (Für die Mahd bedeutet es: Höher mähen. Je mehr stehen bleibt, desto schneller wächst das Gras weiter.)

Das Problem bei der Beweidung ist halt, dass nicht alle Pflanzen gleichmäßig abgefressen werden, sondern die bevorzugen Pflanzen stärker als die weniger beliebten, selbst bei einer sehr schnellen Rotation. Deshalb müssen auch bei schneller Rotation (wo das Vieh hauptsächlich die Nährstoffreichen jungen Blätter abfrisst) ausreichende Pausen eingehalten werden, damit sich die am stärksten abgefressene, bevorzugten Pflanzen wieder gut erholen können. Sind die Pausen zu kurz, werden die bevorzugten Pflanzen, also die besten Futterpflanzen, am stärksten geschwächt und schließlich ganz verdrängt.
Tom Schäfer
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Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - Holistic Management

Beitrag von Tom Schäfer »

Was ja im Grunde bedeuten würde, kurze Beweidungszeiten mit sofort anschliessendem Mulchen der Weiderückstände, so dass auch die Pflanzen gestutzt werden, die die Tiere nicht abgefressen haben.
Manfred
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Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - Holistic Management

Beitrag von Manfred »

Wenn du die jeweils passende Kombination aus Tierdichte und Beweidungsdauer findest, brauchst du nicht zu mulchen.
Das erledigen die Tiere durch den Tritt gleich mit.
Da gibt es keine pauschalen Regeln. Hängt immer von der Situation ab, und davon, was du erreichen willst.
Maschinelles Mulchen ist teuer. Deshalb versucht man es idR zu vermeiden.
Kann mir aber auch Fälle vorstellen, wo es sinnvoll sein kann. z.B. wenn man Flächen bearbeitet, die wegen schlechter Vorbewirtschaftung einen hohen Anteil an Giftpflanzen haben. Eine zu hohe Tierdichte oder zu lange Zuteilungszeiten würden die Tiere zwingen, die Giftpflanzen zu fressen. Da muss man dann experimentieren, wie man die unerwünschten Pflanzen am besten schwächen kann. Mulchen kurz vor der Samenbildung könnte je nach Art ein Mittel sein.

Trampelmulch. Bild vom 11. Juli.
Bild

Wiederaufwuchs. Bild vom 12. August:
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Bild vom 19. August, also nach 39 Tagen.
Bild
Manfred
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Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - Holistic Management

Beitrag von Manfred »

Die Princeton University hat zwei Untersuchungen zur gemischten Beweidung mit verschiedenen Nutztieren und einer Kombi-Beweidung mit Nutz- und Wildtieren vorgestellt.
Da die unterschiedlichen Pflanzenfresser unterschiedliche Ansprüche haben, ergänzen sie sich sehr gut, was am Ende zu mehr Gesamtertrag und einem gesünderen Ökosystem führt. Beides Erfahrungen, die verschiedenste Praktiker schon sehr oft veröffentlicht haben.
Ist aber immer gut, wenn es auch ein paar offizielle wissenschaftliche Arbeiten dazu gibt.

https://www.princeton.edu/main/news/arc ... n=featured
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Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - Holistic Management

Beitrag von Manfred »

Noch als Ergänzung ob obigen Bildern:
Die regionalen und einzelbetrieblichen Voraussetzungen sind ja sehr unterschiedlich.
Vergleichen lassen sich nur ähnliche Bedingungen.
Wer intensiv wirtschaftet und Stickstoff düngt, wird über die Bilder evtl. nur lachen.

Zum Vergleich mal die direkt angrenzende Fläche, aber der anderen Seite des Zauns.
Dort habe ich am 22.06. Silo gemäht. Die Fläche hatte also bis zum Bild (04.08.) 43 Tage.

Bild
Manfred
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Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - Holistic Management

Beitrag von Manfred »

Ein Artikel aus Australien: NQ graziers’ holistic change

http://www.queenslandcountrylife.com.au ... ic-change/
Manfred
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Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - Holistic Management

Beitrag von Manfred »

Und ein 20 min Film aus Namibia:
Herding the Future: Understanding What a Grass Plant Needs
https://vimeo.com/132003497
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