Winterweide

Manfred
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Re: Winterweide

Beitrag von Manfred »

Solche Regelungen kann man auch kurz zusammenfassen mit: Denn sie wissen nicht, was sie tun.
Gegen eine Winter-Standweide mit Zufütterung mag es ein bestimmten Stellen berichtigte Einwände geben, aber ein generelles Winterweideverbot aus "naturschutzfachlicher Sicht" ist nicht haltbar.

Solche Mythen ziehen sich leider seit langer Zeit durch die "Naturschutz"welt.
Es gibt im Naturschutz im Wesentlichen zwei unterschiedliche Strömungen.
Die calvinistische Denkschule, die von Leuten wie John Muir geprägt wurde, die den Menschen als außerhalb der Natur stehenden Störfaktor ansieht, und Natur im wesentlichen als Summe ihrer Fragmente ansieht, sich in der Betrachtung und dem Schutz von Fragmenten ergeht und dabei für das Ganze oft mehr Schaden anrichtet als sie Nutzen erreicht.
Und auf der anderen Seite eine Denkschule um Leute wie Jan Christiaan Smuts, Bill Mollison, Allan Savory etc., die erkannt hat, dass das Ganze weit mehr ist als die Summe seiner Teile, dass das Verständnis der Zusammenhänge und nicht die Betrachtung der Fragmente der Schlüssel zum Verstehen der Natur ist, dass die Natur in Mustern, in Welchselwirkungen und Zusammenhängen funktioniert und dass auch der Mensch ein untrennbarer Teil der Natur mit vielseitigen und für das funktionieren der Natur nötigen Wechselwirkungen ist.

Ich habe gestern ein aussagekräftiges Zitat von George Blueeyes gefunden, Tierzüchter und Medizinmann der Navajo.
Der sagte in den 1930er Jahren, den Regierungsleuten, die die Schafe der Navajos ausrotteten, weil diese angeblich das Land überweiden würden:
"Plants come up only where there are sheep and horses. Those are the places where it rains. If the ground is hard, when it rains, the water just flows. It doesn´t soak in. It soaks in only when the sheep walk on it. They walk on their dried manure and mix it with the earth. When it rains, it soaks into the ground with the seed."
(Planzen keimen nur dort, wo Schafe und Pferde sind. Das sind die Orte, wo der Niederschlag effektiv wirkt. Wo der Boden hart ist, läuft das Wasser oberflächlich weg, wenn es regnet. Das Wasser sickert nicht in den Boden. Es sickert nur in den Boden, wenn die Schafe über den Boden laufen. Sie laufen über ihren getrockneten Kot und Mischen ihn mit der Erde. Wenn es regnet, sickert das Wasser in den Boden und mit ihm die Samen.)

Die Navajo kannten also ihr Ökosystem und wussten, wie extrem wichtig unter den spröden Klimabedingungen dort die wandernden Grasfresser für das Ökosystem sind.
Die zugewanderten europäischstämmigen Naturschützer mit dem Denken von Muir im Gepäck wussten es besser. Heute ist das ehemalige Grasland dort Wüste.
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Steffi
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Re: Winterweide

Beitrag von Steffi »

Winterweideverbot von November bis April käme für viele Schäfer sicher auch einem Berufsverbot gleich. Von den Kosten ganz zu schweigen.
Nach meinem subjektiven Eindruck haben sich meine Jungspunde draußen wohler gefühlt, als meine Muttern im Stall. Trotz gelegentlichem Mistwetter, bei dem ICH froh war, ein Dach überm Kopf und Zentralheizung zu haben. Die Schafe draußen waren eigentlich immer trocken, wohingegen die Aufgestallten an manchen Tagen durch ungünstigen Taupunkt trotz offenem Scheunentor und Fenstern naß waren.
Mit der Zeit will ich auf jeden Fall dahin, alle Schafe draußen zu überwintern. Mit Offenställen, befestigtem Paddock, überdachter Heuraufe und einem Teil Wiese für trockenes Wetter und/oder Frost. Selbst mit einem zweiten Schurtermin Anfang September schieben die noch genug Wolle nach, daß sie nicht frieren sollten. Nur beim Zaun hätte ich gern doch zumindest den Winterteil der Weide mit Knotengeflecht eingezäunt, weil die Netze mit Schnee, Wind und nassem Boden nicht so prickelnd sind und die Batterie bei Kälte auch schnell schlapp macht. Aber da muß ich mal schauen. Ist halt doof, das Geflecht wieder aufzuwickeln im Frühjahr. Oder man müßte was bauen... :gruebel:

Was den Umgang der Amis mit Boden angeht, konnte man ja ganz gut am Dustbowl in den 30er Jahren sehen...

LG,
Steffi
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Manfred
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Re: Winterweide

Beitrag von Manfred »

Naja. Wir haben ja zum glück ein feuchtigkeitsmäßig sehr ausgeglichenes Klima.
Trotzdem kann man nach jedem Starkregen an der Färbung der nächstgelegenen Fließgewässer sehen, wie wir Deutschen mit dem Boden umgehen.


Was die Winterweide angeht:
Wo meinen solche "Naturschützer" denn, dass die Grasfresser, mit denen die im Schutzziel enthaltenden Grünlandpflanzen über viele Tausend Jahren in Koevolution entstanden sind, im Winter untergebracht waren, bevor die Menschen auf die Idee gekommen sind, einen Teil der Tiere in Ställe zu sperren und für sie Futtervorräte zu sammeln?
Die Tiere das halbe Jahr wegzusperren zu wollen hat mit Natur nichts zu tun. Das ist geradezu naturwidriges Verhalten.
Und wenn man das Ganze betrachtet, dann gehören dazu auch die Weidetierhalter, die mit ihren Herden die praktische Arbeit im Naturschutz verrichten sollen. Also muss man auch die wirtschaftlichen und die Lebensqualitäts-Ansprüche dieser Tierhalter und ihrer Tiere mit erfüllen.
Für beides ist eine (gut gemachte) Winterweidehaltung vorteilhaft.

Meine Beobachtungen decken sich mit deinen. Meine Tiere sind die meiste Zeit lieber draußen als im eingestreuten Unterstand.
Rein gehen sie fast nur, wenn sie draußen keine halbwegs trockenen Liegeplätze mehr finden, also bei drecknassem Wetter. Und dann auch nur zeitweise. Hätten sie auf der Weide z.B. Gehölze die sich unter solchen Bedingungen nutzen könnten, würden sie diese vermutlich dem Unterstand vorziehen.
Wenn ich kein Futter auf der Fläche habe oder dort anbiete, und nur im Stall/Unterstand füttere statt ihnen die Wahl zu lassen und drinnen wie draußen Futter anzubieten, dann halten sie sich natürlich überwiegend im und am Stall auf.
Und wenn der Stall auf exponierter Fläche die einzige Stelle ist, wo sie Windschutz finden, werden sie ihn auch öfter aufsuchen.
Der Stall und konserviertes Futter sind Notbehelfe dort, wo man keine natürlichen Bedingungen anbieten kann.
wollwiese
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Re: Winterweide

Beitrag von wollwiese »

Manfred hat geschrieben:

Was die Winterweide angeht:
Wo meinen solche "Naturschützer" denn, dass die Grasfresser, mit denen die im Schutzziel enthaltenden Grünlandpflanzen über viele Tausend Jahren in Koevolution entstanden sind, im Winter untergebracht waren, bevor die Menschen auf die Idee gekommen sind, einen Teil der Tiere in Ställe zu sperren und für sie Futtervorräte zu sammeln?
Die Tiere das halbe Jahr wegzusperren zu wollen hat mit Natur nichts zu tun. Das ist geradezu naturwidriges Verhalten.
naja, aber du kannst doch nicht kleine gruppen wandernder weidetiere mit einer herde auf einer standweide vergleichen. nicht umsonst sprichst du bei dir selbst von “opferflächen“.
und ein spätes beweiden (bei mir ab mitte mai) sorgt dafür, dass die gräser überhaupt zur blüte kommen (und samen entstehen können, die dann auf der fläche von den schafen verteilt werden).

die von dir angestrebte Vorgehensweise lässt sich imho nur bei großen flächen mit sehr geringer besatzdichte realisieren.
:schaf2: loot de schoop man schietn, wull woos liekers. :schaf3:
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Steffi
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Re: Winterweide

Beitrag von Steffi »

Abgesehen vom Schaden an der Grasnarbe durch Überweidung und Zusammentreten im Matsch, entnimmt man Winterweidenflächen auch der Natur. Hier ist es recht extrem, da kaum noch Grünland vorhanden ist, die Äcker nach der Ernte im Herbst gepflügt werden und dann über den Winter kahl liegen. Ich dachte zwar, man macht das heute anders, aber das hat sich wohl bis hierher noch nicht rumgesprochen :) Für Rehe und Co. bliebe dann kaum noch etwas, wenn hier alle Weidetiere ganzjährig auf den Koppeln wären. Insofern kann ich so eine Einschränkung schon verstehen. Ok, so viele Weidetiere gibt es hier auch nicht mehr. Ein paar kleinere Schafherden, ein paar Pferde... demnächst evtl. noch eine kleine Rotes Höhenvieh.

LG,
Steffi
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Re: Winterweide

Beitrag von Manfred »

@wollwiese:
Übernutze Standweiden, also Winterausläufe statt Winterweiden, habe ich oben ja explizit ausgenommen.
Und fixe Termine für die erste Nutzung führen nach meiner Erfahrung eher zu einer Pflanzenartenverarmung, weil dann immer die gleichen Arten gefördert und andere geschädigt werden. Eine Vielfalt an Pflanzenarten erreicht man am besten durch eine Vielfalt bei der Nutzung. Dazu gehörten auch wechselnde Nutzungszeitpunkte. Bayern hat nicht ohne Grund die Schnittzeitpunktprogramme im Kulturlandschaftsbereich weitgehend aufgegeben und die Gelder hin zum ökologischen Landbau verlagert. Und auch im Vertragsnaturschutz rutschen die Nutzungstermine im Flächenmittel nach meiner Beobachtung zu früheren Zeitpunkten, um den Bewirtschaftern wieder mehr Flexibilität zu geben, die letztlich der Vielfalt zugute kommt.

Auch eine gut gemachte Winterbeweidung, inkl. stellenweise hohem Impact, aber begrenzt auf kurze Zeit, würde die Artenvielfalt fördern, weil des die Variabilität der Nutzung erhöht.

Ich kritisiere zudem seit längerer Zeit den extrem eingeschränkten Blick auf die Pflanzenartenvielfalt. Die Großteil der Artenvielfalt spielt sich im Boden ab. Und da wirkt die Ausmagerung extrem kontraproduktiv.
Und die Winterweide nutzt ebenfalls vielen Arten. Vielen Vögeln z.B. Bei mir auf und an den Weideflächen ist es im Winter richtig laut, weil meine paar Rinder in Freilandhaltung mehreren hundert Vögeln die Basis für die Überwinterung liefern.

Eines der großen Problem heute ist die Zersplitterung des Wissens und der Zuständigkeiten in so viele Fachbereiche.
Das ist für ein vertieftes Detailwissen natürlich erforderlich, kostet aber den Blick auf das Ganze.
Wenn ich die Artenvielfalt im Boden und den Wasserhaushalt einer Fläche durch Ausmagerung zerstöre um die Individuenzahl einer Art zu erhöhen, ist unter dem Strich nichts gewonnen, zumal für die Erhaltung einer Art eine gesunde Altersstruktur eh viel wichtiger ist als die Gesamtzahl der Individuen. Es bringt nichts, ein paar jahrzehntealte Bachmuscheln in einem Bach ohne Jungtiere zu schützen, wenn ich nicht das Biotop so ändere, dass sich die Muscheln wieder vermehren können. Es ist viel interessanter die Zusammenhänge zu verstehen und das Gesamtbiotop wieder in Gang zu bringen als sinnlos zu versuchen mit alter Gewalt einen Status quo aufrecht zu erhalten, der nur zu einem führen kann: Dem Aussterben der Art in diesem Biotop. Dazu wird man herausfinden müssen, welche Bedingungen herrschten, als die Vermehrung noch funktioniert hat. Dazu kann man z.B. alte Landschaftsaufnahmen und -Beschreibungen der Gegend auswerten und wird manche erstaunliche Änderung feststellen. Der Muschelforscher, der nur im Bach herumstochert und nicht mit dem Kulturlandschaftsforscher und dem Agrarhistoriker, mit Bodenkundlern usw. redet, der wird nicht wirklich etwas erreichen.

Und ein Landesbund für Vogelschutz, der viel Geld für die Auswilderung von Rebhühnern ausgibt, ohne Erfolg, der wird auch weiter erfolglos bleiben, wenn er nicht seine ideologische Position gegen die Prädatorenbejagung und gegen einen Wandel bei der Heckenpflege aufgibt. Das es dann funktioniert, machen einige Praktiker seit Jahren vor.

Und genauso sinnlos sind Beweidungsprojekte die den beteiligten Tierhalter kein vernünftiges Einkommen und keine gute Lebensqualität sichern. Ich erlebe das ja immer wieder. Zuletzt habe ich interessiert die Ausschreibung der ökologischen Bildungsstätte Oberfranken für das Kalkmagerrasen-Beweidungsprojekt verfolgt. Ich habe das für mich selbst durchgespielt und festgestellt, dass unter den verlangten Bedingungen eine wirtschaftliche Beweidung nicht möglich ist.
Jetzt haben sie zwei Nebenerwerbsschäfer gefunden, die sich die Flächen teilen. Als Ausgleich für den enorm hohen Aufwand für die mobilen Zäune und die Wasserfahrerei dürfen sie auch noch kostenlos Landschaftspflegearbeiten durchführen, weil die Pacht ja dafür so niedrig ist...
Keine Chance, da als Selbständiger auch nur annähernd den Mindestlohn zu erwirtschaften. Früher oder später werden sie frustriert aufgeben und die Flächen dann wieder der Sukzession anheim fallen.

Und diese Beispiele finden sich überall, wenn man genauer hinschaut.
Einfach weil mit einem viel zu eng gestecktem Kontext agiert wird, statt den Blick zu weiten.
Wenn ich etwas dauerhaft erhalten will, dann müssen neben der ökoloschen Seite eben auch die wirtschaftliche Seite und die soziale Seite funktionieren.
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Steffi
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Re: Winterweide

Beitrag von Steffi »

Danke für Deine ausführliche Erklärung!
Ich frage mich nur gerade, wie groß die Fläche sein müßte, auf der 20-30 Schafe den Winter verbringen können, ohne daß alles bis auf die Grasnarbe abgefressen ist, auch wenn Heu a.l. zugefüttert wird... :gruebel: Hatte jetzt 7 Einjährige auf 1,2ha, da stand kein Hälmchen mehr. Ein Wunder, daß es jetzt wieder durchtreibt, schneller, als die Bande fressen kann.

LG,
Steffi
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Re: Winterweide

Beitrag von Manfred »

Das hängt von vielen Faktoren ab.
Mit wie viel stehendem Futter geht die Fläche in den Winter?
Wie oft kannst du zuteilen?
Wie viel Rest willst du stehen lassen?
Zwingen evtl. widrige Bedingungen, die Zuteilung zu ändern?
Was und wie viel wird zugefüttert etc.

Viele unserer althergebrachten Vorstellungen, wie eine Weide aussehen soll, sind bedingt durch eine händische oder maschinelle Futterernte oder von der Vorstellung, Futterreste seinen ein Verlust, den man verhindern müsse.

Wenn du bei der Beweidung keine maschinelle Bearbeitbarkeit berücksichtigen musst und verstanden hast, dass der verbleibende Rest wertvoller Schutz und Nahrung für das Bodenleben ist, was sich in Form besseren Pflanzenwachstums später bezahlt macht, dann bist du viel flexibler in den Möglichkeiten.
Da stehe ich selbst auch noch ganz am Anfang. Der Schalter ist in meinem Kopf erst seit Kurzem umgelegt, seit ich verstanden habe, wo die Entwicklung bei Greg Judy hingeht.
Der geht (unter ähnlichen Bedingungen wie in D) inzwischen nach Möglichkeit nur noch 2 bis 3 Mal im Jahr über die Fläche. 1 bis 2 mal in der Wachstumsphase und 1 x in Winterhalbjahr. Was im Frühjahr abgeweidet wird, kommt im Herbst noch mal dran. Was erst im Sommer beweidet wird, erhält Ruhe bis in den Winter. Und die Flächen werden durchgewechselt. D.h. was in einem Jahr früh beweidet wird, kommt im nächsten Jahr nach Möglichkeit später dran. So erhalten mehr Pflanzen die Chance, sich zu vermehren und des wird weniger einseitig übernutzt.
Die Tiere werden so dicht gepackt, dass sie die zugeteilt Pflanzenpasse komplett niedertrampeln. Dabei fressen sie selektiv raus was ihnen schmeckt bzw. was sie brauchen. Wenn die Pansenfüllung anfängt nachzulassen (bei Rindern gut an der Hungergrube sichtbar) oder die Tiere sonstwie erkennbar neues Futter verlangen (wenn sie da stehen und rufen und eine sichtbare Hungergrube haben, ist es eigentlich schon zu spät) erfolgt eine neue Zuteilung. Der Rest bleibt als Mulch zurück.
Hört sich zunächst mal nach gewaltiger Futterverschwendung an, ist es aber nicht. Auf den Ranches, die er pachtet, hat er den Viehbesatz öfter innerhalb weniger Jahre verdoppelt bis vervierfacht (im vergleich zur dort vorher betriebenen ganzjährigen Standweide).
Ausgehend vom hier gängigen Betriebssystem mit Zufütterung für das ganze Winterhalbjahr muss man mit dem Besatz natürlich erstmal deutlich runter, wenn man weniger oder nicht mehr zufüttern will.
Aber die meisten haben ja auch Flächen, die sie nicht beweiden können, im Gegensatz zu den weitgehend arrondierten US-Betrieben.
Das optimale Gleichgewicht muss jeder für sich selbst finden.

Hier ein Eindruck von Judys Wintervorrat. Das Video wurde laut Ton am 15. Dezember aufgenommen.
https://www.youtube.com/watch?v=xL2znhAFnII
Die Fläche wurde zuletzt Mitte August beweidet.
Links, wo die Kühe hinlaufen, der Zustand vor der Beweidung.
Rechts, auf der anderen Seite des Zauns, der Zustand nach der Beweidung. Er meint dazu, die Fläche könne bei Bedarf 6 Wochen später noch mal beweidet werden.


Wegen der Fläche: Gerade im Winter wächst ja nichts, bzw. nur minimal. Du brauchst die Schafe also nicht auf eine kleine Fläche zu pferchen.
Nur das frische Futter sollte halt in kurzen Intervallen (1 bis 3 Tage?) zugeteilt werden, indem der Zaun etwas weiter gesteckt wird.
Gibst du ihnen gleich die ganze Fläche, suchen sie das Beste raus und trampeln, urinieren und koten viel gutes Futter kaputt. Das wäre etwa so, wie wenn du die Tür zum Heustadel aufmachst und sagst: Da ist euer Futter. Teilt es euch den Winter über gut ein...

Den Schaden am Wiederaustrieb machst du jetzt im Frühjahr. Die Pflanzen investieren jetzt ihre ganzen Reserven darin, mögl. schnell mögl. viel Solarpanel-Fläche zu schieben um dann dank des Ertrags dieser Solarpanele zügig weiter wachsen zu können.
Das was sie jetzt fressen, wirft die Pflanzen deutlich zurück. Sie haben dann keine Reserven mehr und müssen sich dann mit dem Rest, den ihnen die Schafe gelassen haben, langsam hochkämpfen.
Wenn das Ziel nur maximaler Grasertrag wäre, müsse man die Tiere jetzt von der Fläche nehmen, bis das Gras das 3-Blatt-Stadium erreicht hat.
Ist das Ziel eine gute Wirtschaftlichkeit, muss man den dntgangenen Grasertrag durch die zu frühe Beweidung mit den Kosten für die Vermeidung dieses Minderertrags gegenrechnen.
Wenn man konserviertes Futter hat, ist jetzt ein guter Zeitpunkt den Tieren nur wenig Fläche zu geben, zuzufüttern und den Rest der Fläche zu schonen, weil so der Grasertrag erhöht wird.
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Re: Winterweide

Beitrag von Steffi »

Ganz lieben Dank, daß Du Dir so viel Mühe gibst, auch mir Laien das anschaulich zu erklären! :freuin:

Das mit der Schonung zum jetzigen Zeitpunkt ist ein guter Hinweis! Dann werde ich mal Zäune ziehen und die Mähdels etwas begrenzen. Heu ist mehr als reichlich vorhanden. Allerdings sollen sie eh auf eine andere Weide, wenn der aktuelle Heuballen vertilgt ist.

Mal zur Ausgangslage:
Ich möchte langfristig auf einen Bestand von ca. 15 Mutterschafen. Dazu 1-2 Deckböcke, 2 Beistell-Hammel und die diversen Lämmer aus dem jeweiligen Jahr. Meine Ablammzeit liegt im Frühjahr (Ende März-Anfang Mai).
Ab nächstem Jahr stehen mir an Flächen zur Verfügung:
Ein Flurstück von 2ha, ein Stück von ca. 0,9 ha und zwei Stücke von je ca. 0,25 ha. Bis auf eine kleine Fläche werden alle dieses Jahr neu eingesät, deshalb gilt meine Planung erst ab 2018. 2 weitere Stücke von 2000m² bzw. 6000m² können im Notfall noch dazukommen, werden von mir aber nicht fest eingeplant. Heu muß von keiner der Flächen gemacht werden, dafür haben wir Extraflächen.
Da auf keiner Fläche ein natürlicher Wetterschutz vorhanden ist, habe ich zwei fahrbare Weidehütten von je 15m² sowie mobile Heuraufen (Rundballen). Vor den Weidehütten können noch Beschattungsnetze angebracht werden.

Die beiden kleinen Flächen würde ich gern für die Böcke verwenden, weil diese fest eingezäunt werden können, und die 0,9ha als Winterweide, weil ich da eine befestigte Zufahrt habe. Die 2ha sind bei länger anhaltendem Regen mit dem Auto nur schwer erreichbar. Die möchte ich hauptsächlich im Sommer nutzen, da ein Umzug von einer Fläche zur anderen immer mit viel Aufwand verbunden ist, bis das ganze Geraffel mal ab- und wieder aufgebaut ist. Bin überwiegend allein und muß dann immer um Hilfe bitten, wenn die Hütten versetzt werden sollen... Umstecken könnte ich aber alle paar Tage.

Zufütterung ausschließlich Heu, da keine hochträchtigen Auen über den Winter und Landschafe.

An Equipment vorhanden ist ein Einachsschlepper mit Kreiselmäher.

Soviel mal zum Pragmatismus.

Und nun werde ich mal anhand Deiner Informationen puzzeln... Das erste Problem ist mal, wie ich verhindere, daß mir am anderen Ende das Gras zu alt wird, wenn die Mähdels vorn anfangen zu fressen. Ich weiß nicht, ob ich unseren Lohner davon überzeigen kann, halbe Schläge zu heuen :o: Dazu aber noch eine kurze Nachfrage: Haben Rinder nicht ein anderes Fressverhalten als Schafe? Meinen Mähdels muß ich mit Überständigem nicht kommen. Das wird zertrampelt, aber nicht gefressen. Nur verwöhnt oder normal?

Muß mir mal einen Rotationsplan machen...

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Re: Winterweide

Beitrag von Edwin »

Manfred hat geschrieben:@wollwiese: ...
Und ein Landesbund für Vogelschutz, der viel Geld für die Auswilderung von Rebhühnern ausgibt, ohne Erfolg, der wird auch weiter erfolglos bleiben, wenn er nicht seine ideologische Position gegen die Prädatorenbejagung und gegen einen Wandel bei der Heckenpflege aufgibt. Das es dann funktioniert, machen einige Praktiker seit Jahren vor....
Manfred, das hier ist , obwohl Du permanent die richtigen Ansätze hier darlegst, nicht bis zu Ende gedacht!
Nicht die Bejagung der Prädatoren oder die Bejagung einer Art durch Prädatoren, sondern einzig und allein die Schaffung oder der Erhalt des Lebensraumes ist für das Vorhandensein einer Art von existentieller Bedeutung! Hier besteht der Konflikt Natur-Kulturlandschaft. Ordne selbst ein, wo du "Jagd" und "Heckenpflege" (das nur 2 mickrige Strategien menschlichen Unverstandes) einordnen willst! Ich erinnere nur an den Slogan einer Lanschaftsbaufirma "Wir bauen Natur"!

Grüße
Antworten