Harnsteine

Schaftruppe
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Harnsteine

Beitrag von Schaftruppe »

Hallo zusammen,
Mein Name ist Bettina und ich bin in Niederbayern (Landkreis Passau) zu Hause.
Einer unserer Zackel-Schafböcke(9 J. kastriert), ist seit paar Tagen komisch. TA war gestern und heute da, er meint Problem mit Harnleiter, Steine evtl. Er legt sich seit gestern nicht mehr hin, knirscht NICHT mit den Zähnen, ist mit den Beinen ab und zu etwas unruhig. Urin geht nur wenig ab. Gestern fraß er noch etwas Heu, heute aber noch nichts. TA würde morgen evtl. Ultraschall machen, Praxis ist nur 2 Häuser von uns weg. Die Prognosen sind ja nicht wirklich hoffnungsvoll, was ich bis jetzt so gelesen habe. Bis jetzt läuft er zwar noch mit den anderen mit, aber wie schon erwähnt, er legt sich derzeit nicht hin, auch nachts nicht.
Bin euch sehr dankbar für jegliche Meinungen

Schöne Grüße
Bettina
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Henry
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Re: Harnsteine

Beitrag von Henry »

Haupttodesursache bei Harngries und Steinen ist das Nierenversagen durch Drucknekrose. Die Blase hält länger höhere Drücke aus als die Nieren. Deshalb ist (beweisend) bei Verdacht auf Abflußstörung die Blasenpunktion angeraten. Dabei wird eine 1-1,4mm Kanüle von wenigsten 50mm Länge am getasteten Beckenrand etwa 2cm neben der Körpermitte in Richtung Rektum vorgeschoben. Sehr gut gehen dafür auch Spinalkatheter. Wird die überspannte Blase getroffen, ergießt sich schwallartig ihr Inhalt. Damit wurde nicht geheilt. Es wurde jedoch das Nierenversagen für den Moment verhindert und anhand der Menge der Stau bewiesen. Es handelt sich um eine lebensrettende Sofortmaßnahme dieden Handelnden Zeit verschafft und nicht aufgeschoben werden sollte.

Eine sehr häufige Ursache der Stauung liegt in der Verlegung des Processus uretrae. Das ist das dünne Würmchen an der Penisspitze. Das besteht aus sehr elastischem Gewebe und ist mit einer Arterie versorgt, die als Schwellkörper dient. Dort fangen sich ausgesprochen oft Steine oder Steinchen. Diese lösen dann eine Druck-Nekrose aus. Entzündung, Schwellung, Narbenzug, Schmerzverhaltung sind die Folge. Der Processus mit seinen Steine kann (und muß) direkt auf der Eichel mit einem beherzten Scherenschlag abgesetzt werden, sobald beim Vorlagern des Penis Steine im Processus oder seine Nekrose oder Striktur festgestellt werden. In aller Regel hat man dazu genau einen Versuch, denn der Bock oder Hammel wird sich einer weiteren Vorlagerung seines Penis verweigern, wenn nicht zügig gehandelt wird. Ist der Processus abgesetzt, wird es zu einer leichten arteriellen Blutung kommen, die hinzunehmen ist und die keiner Intervention bedarf. Der Bock wird kontinuierlich urinieren und sich tröpfeln entleeren. Er wird dabei sägebockartig stehen und minutenlang die Erleichterung erkennen lassen. Auch wenn sich dieser Eingriff unspektakulär darstellt, so ist es doch immer wieder nachfühlbar, wie zügig auf diese Weise vollständige Heilung und Genesung eintritt und dem jemals von Harnwegsinfektion betroffenem Leser wird sich der Blick dieses Tieres im Moment des (zwar schmerzhaften) Abflusses sofort erschließen. Die Böcke bleiben übrigens zeugungsfähig.
Henry
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mara
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Re: Harnsteine

Beitrag von mara »

Gib das doch morgen der TÄ zu lesen.
Ich hatte auch mal einen Bock mit denselben Symptomen. Wir liessen ihn noch gleichentags schlachten, die Blase war bereits riesig.
Abwarten ist die denkbar schlechteste Vorgehensweise.
Schaftruppe
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Re: Harnsteine

Beitrag von Schaftruppe »

:traurig: habt besten Dank für eure Beiträge, es kam auch leider so, mussten ihn von Dienstag auf Mittwoch i.d. Nacht dann echt erlösen lassen.
Grüße
Bettina
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Henry
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Re: Harnsteine

Beitrag von Henry »

… war niemand in der Lage, eine Kanüle in die Blase zu schieben?
Henry
der
Schafschützer
Schaftruppe
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Re: Harnsteine

Beitrag von Schaftruppe »

J
Hallo,
Leider nicht, TA hat 2x Schmerzmittel und etwas zur Muskelentspannung gegeben, und dann wurde es so massiv, dann blieb uns keine andere Wahl mehr.
mara
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Re: Harnsteine

Beitrag von mara »

Gut habt ihr ihn wenigstens erlöst aber schon tragisch, wenn ein TA nicht mehr kann :eek:
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Henry
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Re: Harnsteine

Beitrag von Henry »

„Schmerzmittel“ ist in aller Regel Meloxicam Metacam also eigentlich ein immunsuppressiver Entzündungshemmer. Echte „Schmerzmittel“ wären Opiate wie Fentanyl die aber der Dokumentationspflicht als BTM unterliegen und daher nie mitgeführt oder eingesetzt werden. Beide sin nurzlos bei Harnstau in Folge von Obstruktion durch Steine oder was auch immer.

Als „muskelentspannend“ kommt Buscopan oft zum Einsatz. Das ist gut gegen Darmkrämpfe. Es wirkt gut beim Pferd. Hier jedoch war die Blase eines Schafes betroffen.

Ein Harnstau ist - wegen der bereits beschriebenen nephrotoxischen bzw. - traumatischen Folgen - ein absoluter Notfall. Er muß daher umgehend und mit Maximalintervention behandelt werden. Er ist immer heilbar, solange die Niere keinen Schaden nahm. Wir können heute Steine lokalisieren und mobilisieren. Wir können sie sogar per Impulslaser zerstören oder per Endoskop fangen. Operativ lassen sie sich in die Blase zurückspülen und von dort entfernen …
Henry
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Jette67
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Re: Harnsteine

Beitrag von Jette67 »

Liebe Bettina,das tut mir leid dass man deinen Bock nicht hat retten können .Mein Bock hatte das gleiche Problem.Wir haben ihn sogar in der Klinik in Gießen operieren lassen.Er hat dort drei Wochen verbracht mit Katheter usw .Wir durften ihn dann wieder mitnehmen.Er war gerade mal einen Tag bei uns ,da gingen Beschwerden und Harntröpfeln wieder los.Wir haben ihn nach Empfehlung wieder zur Klinik gebracht wo er einen Tag später erneut operiert worden ist.Anschließend war er hinten gelähmt. Ich möchte hier der Klinik keine Schuld geben.
Am Ende musste das Tier viel durchmachen.Das liebe Bettina ist deinem Bock erspart geblieben.
Nun habe ich zum Trost von diesem beschriebenen Bock vier liebe und süße Lämmer.Das es alles Böcke sind hadere ich jetzt schon mit mir zu welchem Zeitpunkt ich sie kastrieren lasse und wenn sie das Harnsteinproblem bekämen was ich dann machen würde.
Auf jeden Fall gibt es für uns und für die Tierärzte noch viel dazu zulernen.
Liebe Grüße
Tiere haben etwas, das vielen Menschen fehlt: Treue, Dankbarkeit und Charakter.
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Re: Harnsteine

Beitrag von Steffi »

Hallo,

Harnsteine gehen oft auf Fütterungsfehler zurück.

LG
Steffi
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