Clostridiose

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Henry
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Re: Clostridiose

Beitrag von Henry »

Wurde der Serotyp anhand der Toxine bestimmt?
Stammt die Probe aus den Enddarm?
Gibt es eine Gegenprobe unauffälliger Tiere?
Gibt es ein Antibiogramm?

Bei Erkrankungen des Verdauungsttraktes gebe ich immer Pansenpuffer. CaCO3 in Wasser. Damit wird bei intaktem Ruktus sicher eine Übersäuerung vermieden und damit die Pansenflora ( :haehae: ) erhalten. Kohle schadet praktisch nie. Manchmal hilft sie nicht mehr.

Bitte bei Cl.-Infektionen immer beachten, daß das Bakterium an sich ungefährlich ist. Seine Toxine jedoch zerstören Zellen, lähmen, machen krank. Diese Toxine werden frei, wenn die Bakterien absterben und platzen. Es folgt auf die Antibiosegabe nicht selten der Exitus, weil mit den toten Bakterien schlagartig große Mengen der Toxine anfluten. Das Immunsystem kapselt den Keim ein und damit auch dessen Toxin.

Ich vermute, es geht um etwas anderes hier und Clostridien profitieren nur davon.
Henry
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moony
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Re: Clostridiose

Beitrag von moony »

Henry hat geschrieben: So 31. Jan 2021, 19:51 Wurde der Serotyp anhand der Toxine bestimmt? Nein. Rückwirkend ärgere ich mich sehr, es wäre super spannend gewesen zu wissen, welcher Stamm das war, ob die Impfung schlimmeres verhindert oder in dem Fall keinen Einfluss hatte (Impfung deckt C und D ab)

Stammt die Probe aus den Enddarm? Ja. Die TA hat sie genommen. Verunreinigungen oder Anfängerfehler daher eher aus zu schließen.

Gibt es eine Gegenprobe unauffälliger Tiere? Ja. Probe war, nun, unauffällig.

Gibt es ein Antibiogramm? Nein. Labor hat Empfehlungen mitgeschickt welche Antibiotika eingesetzt werden sollen, mehr aber auch nicht.
Bin immer wieder dankbar über deinen fachlichen Input Henry. Welchen Vorteil bietet CaCO3 gegenüber Natron?

Die Sache mit dem toxischen schock kam mir gar nicht in den Sinn, aber klar, könnte erklären warum es nach der Antibiotikagabe erstmal wieder deutlich schlimmer geworden ist.

Wo die Ursache liegt ist eine spannende Frage. Die Herde ist noch "neu", ca 2 Jahre alt. Tiere stammen aber alle aus pseudotb und maedi unverdachtigen Betrieben.
U.a.wurden an den erkrankten Tieren blutbilder gemacht, mehrmals auf Würmer und Kokzidien (gegen kokzidien einmal kurz zufällig mitbehandelt) getestet, Antikörpertest großer Leberegel und Kotproben kleine Leberegel. Korprobentest auf weitere div. Bakterienstämme. Alles unauffällig. Blutbild zeigte an, dass da ne Entzündung ist. Eosinophile Granulozyten leicht erhöht. Spurenelemente da wo sie sein sollen. Was könnten wir übersehen haben?
schafbauer
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Re: Clostridiose

Beitrag von schafbauer »

Wieviel caco3 wird verabreicht?
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Henry
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Re: Clostridiose

Beitrag von Henry »

schafbauer hat geschrieben: Mo 1. Feb 2021, 05:52 Wieviel caco3 wird verabreicht?
100g aufgeschüttelt in 500g Wasser. Lau- bis körperwarm.
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Henry
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Re: Clostridiose

Beitrag von Henry »

moony hat geschrieben: So 31. Jan 2021, 23:19Welchen Vorteil bietet CaCO3 gegenüber Natron?
Auch auf die Gefahr hin, mich wieder dem Vorwurf auszusetzen, medizinische Themen zu kapern:

In der Behandlung von Schafen, stehen nur selten sichere Diagnosen und Befunde am Anfang. Es geht um Verdacht und Symptom. Eine Behandlung erfolgt also auf Verdacht hin. Sie muß aber erfolgen, weil Schafe in aller Regel Laborlaufzeiten nicht überleben oder sich ihr Krankheitszustand unbehandelt bis zur Unbehandelbarkeit verschlechtert. Es ist also für den Fall einer Pansenstörung durch pH+-Wertveränderungen wichtig, ein Mittel einzusetzen, daß nur wirkt, wenn es auch etwas zu bewirken gilt und ansonsten möglichst nichts tun, denn unser Verdacht könnte falsch sein. Vielleicht sogar völlig falsch. Alkalose statt Acidose! Fremdkörper statt pH+-Wertentgleisung! Toxinbedingte Schlundlähmung bei Eibenvergiftung! Und vieles mehr.

Rechts Calciumcarbonat, links Natron.
Jeweils 5g und dazu 10ml Wasser bei 38 Grad.
Natron bildet gesättigte Lsg.
Carbonat bildet Schlamm.
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pH+-Werte mit alten Teststreifen
Natron Lsg. ca. 9 oder mehr also stark basisch
Carbonat ca. 7 also wie Wasser
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1ml Essig per Spritze eingespritz.
Natron Lsg. wilde Reaktion, Blasenbildung, Reaktionsdauer wenige Sekunden (nicht fotografierbar) hoher spontaner Gasanfall.
Carbonat Blasenbildung über etwa 1 Minute, kein Aufwallen.

Messung nach 10 Minuten Reaktionszeit.
Natron immernoch basisch
Carbonat um 6 also schwach sauer und damit dort wo er hin soll.
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Nach Übertragung von Carbonatschlamm in die Natronlsg.
Keine pH+-Wertveränderung.
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So soll es sein. Alkalöse Pansen sollen nicht noch basischer gemacht werden.
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Re: Clostridiose

Beitrag von moony »

sehr schön anschaulich, danke für die Mühen :love:

also ist bei Natron der Nachteil, dass es sehr schnell und mit viel Endprodukt (Gas) reagiert aber tatsächlich sich beim pH-Wert nur sehr langsam Änderungen ergeben? Das ergibt Sinn. Vor allem, wenn ein Ungleichgewicht im Pansen besteht, also sehr stark mit viel Gasanfall reagiert wird, aber sich nur langsam was tut, bläht sich das Tier auf ohne dass es ihm groß was bringt. Gut, dann steige ich wieder auf CaCO3 um, wenn ich was verabreiche. Man liest nur überall, dass Bicarbonat der wichtigste Puffer ist, da liegt der (Fehl-) Schluss nahe, in Notsituationen auch Bicarbonat zu geben.


Das mit der Laborzeit war hier auch der Fall. Es hat eine Woche gedauert bis wir Handfeste Ergebnisse der anaeroben Bakterienkultur hatten, bis dahin auf das falsche Medikament gesetzt (Sulfonamide) und ein Tag vor dem Ergebnis das Tier ertappt als es sich gerade gemütlich zum Festliegen gemacht hat.
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Henry
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Re: Clostridiose

Beitrag von Henry »

Wenn eine akute Acidose sicher diagnostiziert ist, z.B. durch Pansen pH-Sonde und der Schlauch der Sonde zum Entgasen genutzt werden kann, dann ist die schnelle Anhebung mit Natron möglich und geht eben vor allem schnell. Erinnert Euch ans Sodbrennen! Da müssen Schäden durch HCl verhindert werden. HCl ist eine starke Säure. Die ist beim Schaf seitgehend uninteressant (Labmagen Lamm). Es geht um die Milchsäure. Hervorgerufen durch Lactobacilenzkies. Die vermehren sich wie blöde, wenn sie Kohlehydrate verwerten können. Ist das das Pansenproblem, hilft also Wasser und ein Antibiotikum.

Aber wer will schon - auf bloßen Verdacht - alles Bakterienleben im Pansen abtöten?

Blöderweise überleben solche schnellen pH+-Wertwechsel viele Mikroorganismen nicht. Diese bilden dann den Proteinkuchen, der die Alkalose verursacht.

Zudem wird mit dem Natriumion ein relativ sinnloses bis schädliches Ion im Schafkörper belassen. Wahrscheinlich entsteht Natriumacetat oder noch wahrscheinlicher -lactat.

Das Calciumion ist fürs Schäfchen (gerade weil es ja nun als Ion vorliegt) ein sinnvoller und reichlich benötigter Knochenbaustein. Und als unlösliches Carbonat wird es einfach ausgeschissen.

Die Schafe kacken dann später Marmor. (Wenn schon kein Gold.)
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Re: Clostridiose

Beitrag von schafbauer »

An Henry .... bester Beitrag des Monats :bet:
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Re: Clostridiose

Beitrag von Henry »

schafbauer hat geschrieben: Mo 1. Feb 2021, 20:20 An Henry .... bester Beitrag des Monats :bet:
Klemmt mein Ironiedetektor wieder?
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Re: Clostridiose

Beitrag von schafbauer »

Bei mir doch nicht :pft:
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