günstige Schermaschine vs. Handschermaschine, Anfänger-Bericht
Verfasst: Sa 11. Jul 2020, 17:58
Weil ich in den letzten Wochen jetzt doch zwei Threads zu dem Thema "billig-China-Maschinen" gelesen habe, würde ich meine Erfahrungen als blutiger Anfänger gern mit euch teilen. So von Laie zu Laie *lach* (die Profis bitte gar nicht erst lesen oder allenfalls kapitulierend den Kopf schütteln )
(Vorsicht, wird ausführlich...)
Ich habe letztes Jahr zum ersten mal überhaupt in meinem Leben Schafe geschoren - mit der Hand. Dazu habe ich mir auf Empfehlung eine Buchsbaumschere gekauft. Ein echter Profi mag damit umgehen können - ich konnte es nicht... Für das erste Schaf habe ich satte 2,5 Std. gebraucht (trotz der vorherigen Selbst-Trainingsmethode via Youtube). Danach waren wir beide - das Schaf und ich - fix und fertig. Obendrein sah es auch nicht wirklich gut geschoren aus, sondern hatte eher Ähnlichkeit mit einem wandelnden Flokati. Und geschnitten habe ich das arme Tier obendrein auch noch mehrfach, obwohl ich in Zeitlupe und extra vorsichtig geschnibbelt hatte. Worüber ich mich nicht beschweren kann: Die Schere war absolut scharf, gar keine Frage. Die hat auch die dicken Büschel noch abgeschnitten, bei denen meine Haushaltsschere kläglich versagt hatte (hinterher beim Rausschneiden der Abfallwolle).
Mit Aussicht auf vier weitere Kandidaten habe ich dann den Schäfer meines Vertrauens gefragt. Er schert seine 40 Schafe alle mit der Hand und verwendet hierzu ein manuelles Modell von Hauptner. Er kam dann auch, um mir zu demonstrieren, wie das geht. Rund 15min später war er fertig und hat auch niemanden gebraucht, der das Vorführschaf festhalten musste. Respekt! Da waren es nur noch drei...
In meinem Vorstellungsthread hatte ich bereits geschrieben, daß ich nicht ganz reine Heidschnucken habe. Die Wolle ist nicht so schön flauschig, wie bei anderen Schafen, sondern grob, mit langen Fransen und stellenweise so verfilzt, daß es sich anfühlt, als hätten die Tiere einen Panzer an. Aber es ging einigermaßen.
Ich habe mir dann seine Schere ausgeliehen und bin damit ebenfalls deutlich schneller gewesen (ich hab dann "nur noch" rund eine Stunde pro Schaf gebraucht, je nachdem, wie gut das betreffende Tier still gehalten hat). Meine Ergebnisse hatten mit dieser Schere zwar immer noch reichlich Ähnlichkeit mit einem gerupften Huhn, aber bei weitem nicht mehr soooo schlimm (und vor allem ohne Verletzungen). Das letzte konnte man hinterher tatsächlich einigermaßen anschauen
Dieses Jahr waren es wieder fünf, die geschoren werden mussten, und so habe ich mir meine eigenen, manuellen Scheren bestellt, weil ich bei nur fünf Schafen und im Angesicht der Preise für "vernünftige" Schermaschinen keine Rentabilität in solch einer Anschaffung sah (und weil ich immer alle Erfahrungen selber sammeln muss, habe ich sowohl eine Hauptner, als auch eine Billig-Schere von Kerbl bestellt. Kann ich absolut nicht empfehlen. Ich hätte nie gedacht, daß es zwischen ein paar Stückchen Metall solche Unterschiede gibt. Aber das nur am Rande...).
Leider habe ich seit einigen Wochen ein krankes Pferd, das regelmäßig geschoren werden muss und das geht mit einer Handschere überhaupt nicht. Also musste doch ein elektrisches Modell her. Dazu habe ich nächtelang diverse Seiten durchforstet, Bewertungen studiert und Erfahrungsberichte gelesen. Meine Wahl ist schließlich auf die Eider 727 Flex gefallen, weil diese Maschine zwei Scherköpfe hat, einen für Schafe und einen für Rinder/Pferde, dabei aber im Angebot sogar unter 200 Euro zu haben ist (vergesst alles, was unter 100 Euro kostet. Die haben in allen Praxistests kläglich versagt und taugen alle nix, nicht einmal für ein einzelnes Schaf). Mein Modell hatte die unterschiedlichsten Bewertungen, von "Super für Skudden" bis "Lebensgefährlich! Messer fliegen einem um die Ohren" waren die Meinungen darüber sehr durchwachsen. Ich habe es trotzdem gewagt.
Mein erster Eindruck: Oh Gott, ist das Teil schwer! Da bin ich ja flügellahm, bevor das erste Schaf fertig ist! Mein Mann hat gefrozelt: "Das gibt Mukkies!".
Also, frisch an's Werk. Maschine laut Vorschrift vorbereitet und ran an das Schaf. Es hat keine 2min gedauert, da sind auch uns die Messer das erste mal um die Ohren geflogen. Also Anpressdruck erhöht. Aber es dauerte wieder nur fünf Minuten und erneut flogen die Messer raus. Diesmal ging es nicht ganz so glimpflich aus - mein Mann hat jetzt eine schöne Scharte unter dem Auge. Ich hatte da schon genug und habe die Handschermaschine wieder ausgepackt. Mein "Schaf-Betreuungs-Team" hatte bereits nach der ersten Mutation zum Wurfstern das Weite gesucht, so daß ich ohnehin schon genervt war, weil ich noch nicht in der Lage bin, das Schaf allein zu halten und dann auch noch zu scheren - da gehen mir regelmäßig die Hande aus.
Mein Mann hat aber nicht aufgegeben und wollte wissen, warum da das Obermesser regelmäßig einen Abgang macht, obwohl die Maschine streng nach Vorschrift zusammengebaut und gehandhabt wurde. Wir kamen dann auch drauf: Die Feststellschraube, die den Anpressdruck regeln soll, hat ein so leichtgängiges Gewinde, daß sie sich jedesmal durch die Vibration selber lockert. Eine Arretiermöglichkeit gibt es bei diesem Modell nicht, auch, wenn es optisch danach aussieht. Aber mein Mann, der alte Tüftler, hat das Problem recht simpel mit einem passenden Dichtungsring behoben. Durch den Ring wird das Gewinde jetzt stärker aneinander gepresst und siehe da: Nix verstellt sich mehr von selbst. Also Versuch Nr. 2 bei Schaf Nr. 2 (das erste hatte ich dann zwischenzeitlich mit der Hand fertig geschoren). Kein Messer flog mehr raus, die Maschine hat sich tapfer durch die Wolle gekämpft (an einigen Stellen geht sie durch wie durch Butter, an anderen Stellen braucht man etwas Geduld und Ruhe) und die Gratwanderung zwischen zu fester Druck = Scherblätter werden heiß und zu locker = Scherblätter schneiden nicht, hatten wir auch recht schnell überstanden. Einzig der Zeitaufwand blieb nahezu identisch. Das lag aber vermutlich daran, daß meine Schafe wohl kitzlig sind oder ich zu zaghaft war - sie haben jedenfalls im Lenden- und Bauchbereich ständig mit der Haut gezuckt und gezappelt, sobald ich mit dem Untermesser die Haut berührt habe. Aus Angst, ich könnte sie verletzten, habe ich bei jedem Zucken wieder abgesetzt, was den Schervorgang natürlich erheblich in die Länge gezogen hat. Den "pikanten" Körperpartien wie Beugefalte, Schlund und Hinterkopf bin ich dann erst mal gar nicht mit der Maschine zu Leibe gerückt, sondern habe diese Stellen weiterhin brav mit der Hand geschnitten. Aber Übung macht ja bekanntlich den Meister.
Fazit: Ja, es ist ein Billig-Modell mit Tücken (siehe Anpress-Schraube), sie ist schwer (mir haben abends ganz schön die Arme wehgetan, und dabei bin ich noch gut weggekommen - ich kann nämlich gleichermaßen mit rechts und mit links schneiden) und laut ist sie auch noch. Allerdings fehlen mir hier die Vergleichswerte (ich habe bisher noch keine andere elektrische Schermaschine live gesehen, aber der Lärmpegel ist in etwa vergleichbar mit der Lautsärke unserer Stichsäge).
Reinigen und Schmieren lässt sie sich allerdings gut, alles ist zerlegbar und gut zu säubern.
Nach einer Schursaison von mikrigen fünf Tieren kann ich natürlich keine Aussage zur allgemeinen Haltbarkeit treffen. Das muss sich noch herausstellen. Aber insgesamt bin ich recht zufrieden damit. Und so lange es nicht mehr Wollschafe werden, sehe ich auch noch keine Dringlichkeit, eine hochwertigere Maschine zu kaufen.
So. Ich hoffe, die alten Hasen - so sie diesen Bericht tatsächlich gelesen haben - sind von meinem Thread nicht allzu gelangweilt und den blutigen Anfängern, wie mich, helfen meine Zeilen vielleicht, eine Entscheidung für sich selbst treffen, ob überhaupt und wenn ja, welche Maschine oder lieber doch manuell.
Liebe Grüße
Betzi-Betzi
(Vorsicht, wird ausführlich...)
Ich habe letztes Jahr zum ersten mal überhaupt in meinem Leben Schafe geschoren - mit der Hand. Dazu habe ich mir auf Empfehlung eine Buchsbaumschere gekauft. Ein echter Profi mag damit umgehen können - ich konnte es nicht... Für das erste Schaf habe ich satte 2,5 Std. gebraucht (trotz der vorherigen Selbst-Trainingsmethode via Youtube). Danach waren wir beide - das Schaf und ich - fix und fertig. Obendrein sah es auch nicht wirklich gut geschoren aus, sondern hatte eher Ähnlichkeit mit einem wandelnden Flokati. Und geschnitten habe ich das arme Tier obendrein auch noch mehrfach, obwohl ich in Zeitlupe und extra vorsichtig geschnibbelt hatte. Worüber ich mich nicht beschweren kann: Die Schere war absolut scharf, gar keine Frage. Die hat auch die dicken Büschel noch abgeschnitten, bei denen meine Haushaltsschere kläglich versagt hatte (hinterher beim Rausschneiden der Abfallwolle).
Mit Aussicht auf vier weitere Kandidaten habe ich dann den Schäfer meines Vertrauens gefragt. Er schert seine 40 Schafe alle mit der Hand und verwendet hierzu ein manuelles Modell von Hauptner. Er kam dann auch, um mir zu demonstrieren, wie das geht. Rund 15min später war er fertig und hat auch niemanden gebraucht, der das Vorführschaf festhalten musste. Respekt! Da waren es nur noch drei...
In meinem Vorstellungsthread hatte ich bereits geschrieben, daß ich nicht ganz reine Heidschnucken habe. Die Wolle ist nicht so schön flauschig, wie bei anderen Schafen, sondern grob, mit langen Fransen und stellenweise so verfilzt, daß es sich anfühlt, als hätten die Tiere einen Panzer an. Aber es ging einigermaßen.
Ich habe mir dann seine Schere ausgeliehen und bin damit ebenfalls deutlich schneller gewesen (ich hab dann "nur noch" rund eine Stunde pro Schaf gebraucht, je nachdem, wie gut das betreffende Tier still gehalten hat). Meine Ergebnisse hatten mit dieser Schere zwar immer noch reichlich Ähnlichkeit mit einem gerupften Huhn, aber bei weitem nicht mehr soooo schlimm (und vor allem ohne Verletzungen). Das letzte konnte man hinterher tatsächlich einigermaßen anschauen
Dieses Jahr waren es wieder fünf, die geschoren werden mussten, und so habe ich mir meine eigenen, manuellen Scheren bestellt, weil ich bei nur fünf Schafen und im Angesicht der Preise für "vernünftige" Schermaschinen keine Rentabilität in solch einer Anschaffung sah (und weil ich immer alle Erfahrungen selber sammeln muss, habe ich sowohl eine Hauptner, als auch eine Billig-Schere von Kerbl bestellt. Kann ich absolut nicht empfehlen. Ich hätte nie gedacht, daß es zwischen ein paar Stückchen Metall solche Unterschiede gibt. Aber das nur am Rande...).
Leider habe ich seit einigen Wochen ein krankes Pferd, das regelmäßig geschoren werden muss und das geht mit einer Handschere überhaupt nicht. Also musste doch ein elektrisches Modell her. Dazu habe ich nächtelang diverse Seiten durchforstet, Bewertungen studiert und Erfahrungsberichte gelesen. Meine Wahl ist schließlich auf die Eider 727 Flex gefallen, weil diese Maschine zwei Scherköpfe hat, einen für Schafe und einen für Rinder/Pferde, dabei aber im Angebot sogar unter 200 Euro zu haben ist (vergesst alles, was unter 100 Euro kostet. Die haben in allen Praxistests kläglich versagt und taugen alle nix, nicht einmal für ein einzelnes Schaf). Mein Modell hatte die unterschiedlichsten Bewertungen, von "Super für Skudden" bis "Lebensgefährlich! Messer fliegen einem um die Ohren" waren die Meinungen darüber sehr durchwachsen. Ich habe es trotzdem gewagt.
Mein erster Eindruck: Oh Gott, ist das Teil schwer! Da bin ich ja flügellahm, bevor das erste Schaf fertig ist! Mein Mann hat gefrozelt: "Das gibt Mukkies!".
Also, frisch an's Werk. Maschine laut Vorschrift vorbereitet und ran an das Schaf. Es hat keine 2min gedauert, da sind auch uns die Messer das erste mal um die Ohren geflogen. Also Anpressdruck erhöht. Aber es dauerte wieder nur fünf Minuten und erneut flogen die Messer raus. Diesmal ging es nicht ganz so glimpflich aus - mein Mann hat jetzt eine schöne Scharte unter dem Auge. Ich hatte da schon genug und habe die Handschermaschine wieder ausgepackt. Mein "Schaf-Betreuungs-Team" hatte bereits nach der ersten Mutation zum Wurfstern das Weite gesucht, so daß ich ohnehin schon genervt war, weil ich noch nicht in der Lage bin, das Schaf allein zu halten und dann auch noch zu scheren - da gehen mir regelmäßig die Hande aus.
Mein Mann hat aber nicht aufgegeben und wollte wissen, warum da das Obermesser regelmäßig einen Abgang macht, obwohl die Maschine streng nach Vorschrift zusammengebaut und gehandhabt wurde. Wir kamen dann auch drauf: Die Feststellschraube, die den Anpressdruck regeln soll, hat ein so leichtgängiges Gewinde, daß sie sich jedesmal durch die Vibration selber lockert. Eine Arretiermöglichkeit gibt es bei diesem Modell nicht, auch, wenn es optisch danach aussieht. Aber mein Mann, der alte Tüftler, hat das Problem recht simpel mit einem passenden Dichtungsring behoben. Durch den Ring wird das Gewinde jetzt stärker aneinander gepresst und siehe da: Nix verstellt sich mehr von selbst. Also Versuch Nr. 2 bei Schaf Nr. 2 (das erste hatte ich dann zwischenzeitlich mit der Hand fertig geschoren). Kein Messer flog mehr raus, die Maschine hat sich tapfer durch die Wolle gekämpft (an einigen Stellen geht sie durch wie durch Butter, an anderen Stellen braucht man etwas Geduld und Ruhe) und die Gratwanderung zwischen zu fester Druck = Scherblätter werden heiß und zu locker = Scherblätter schneiden nicht, hatten wir auch recht schnell überstanden. Einzig der Zeitaufwand blieb nahezu identisch. Das lag aber vermutlich daran, daß meine Schafe wohl kitzlig sind oder ich zu zaghaft war - sie haben jedenfalls im Lenden- und Bauchbereich ständig mit der Haut gezuckt und gezappelt, sobald ich mit dem Untermesser die Haut berührt habe. Aus Angst, ich könnte sie verletzten, habe ich bei jedem Zucken wieder abgesetzt, was den Schervorgang natürlich erheblich in die Länge gezogen hat. Den "pikanten" Körperpartien wie Beugefalte, Schlund und Hinterkopf bin ich dann erst mal gar nicht mit der Maschine zu Leibe gerückt, sondern habe diese Stellen weiterhin brav mit der Hand geschnitten. Aber Übung macht ja bekanntlich den Meister.
Fazit: Ja, es ist ein Billig-Modell mit Tücken (siehe Anpress-Schraube), sie ist schwer (mir haben abends ganz schön die Arme wehgetan, und dabei bin ich noch gut weggekommen - ich kann nämlich gleichermaßen mit rechts und mit links schneiden) und laut ist sie auch noch. Allerdings fehlen mir hier die Vergleichswerte (ich habe bisher noch keine andere elektrische Schermaschine live gesehen, aber der Lärmpegel ist in etwa vergleichbar mit der Lautsärke unserer Stichsäge).
Reinigen und Schmieren lässt sie sich allerdings gut, alles ist zerlegbar und gut zu säubern.
Nach einer Schursaison von mikrigen fünf Tieren kann ich natürlich keine Aussage zur allgemeinen Haltbarkeit treffen. Das muss sich noch herausstellen. Aber insgesamt bin ich recht zufrieden damit. Und so lange es nicht mehr Wollschafe werden, sehe ich auch noch keine Dringlichkeit, eine hochwertigere Maschine zu kaufen.
So. Ich hoffe, die alten Hasen - so sie diesen Bericht tatsächlich gelesen haben - sind von meinem Thread nicht allzu gelangweilt und den blutigen Anfängern, wie mich, helfen meine Zeilen vielleicht, eine Entscheidung für sich selbst treffen, ob überhaupt und wenn ja, welche Maschine oder lieber doch manuell.
Liebe Grüße
Betzi-Betzi