Moin, ein Zwischenstand,
ich habe nunmehr ca. 45h Motorsensenarbeiten hinter mir und 49 Modulreihen von der Brennnessel befreit. Das Ausmähen zog sich über 5 Wochen hin und wurde anfangs nach der Wuchshöhe der Nessel und der Blühreife priorisiert. Später wurde dann darauf geachtet, die gesamte Fläche gemäht zu haben. Dabei habe ich erstaunliche Beobachtungen gemacht: (Schafe waren ständig auf der Fläche)
1.) Es gibt Modulreihen, da erscheint nach dem Abmähen auch binnen Wochen keine Brennessel wieder. Die bleiben "sauber". In meiner Erinnerung sind es die Reihen, an deren Mahd sich eine länge trockene niederschlagsfreie Phase anschloß. Andere Reihen bilden innerhalb von wenigen Tagen wieder einen dichten Teppich wadenhoher blütenfreier Brennnesselpflanzen, die dann auch über Wochen nicht mehr an Höhe zunehmen und keine typischen Stängel ausbilden. Das waren die Flächen, die in oder vor feuchten Tagen gemäht wurden. Dort ist wohl Nachmähen angesagt.
2.) Mit der massenhaften Verfügbarkeit von abgemähten Brennnesseln veränderte sich das Freßverhalten der Schafe.
Über Tage konnte ich beobachten, daß Brennnesselschnitt zur Normaltität wurde und meine Sense und die Hoffnung auf Geschnittenes kein Schaf mehr locken konnte. Es trat eine Art Sättigung ein und es blieb sogar Brennnesselheu liegen. Nach einer Pause im Mähen von ca. 3 oder 4 Tagen allerdings waren die Flächen dann dennoch abgeräumt und ich entdeckte später beim Mähen Bereiche, in denen die stehenden Brennnessel von oben bis auf etwa 4 Blätter heruntergefressen waren. Erst nur ein paar Quadratmeter eng abgegrenzt (ich hielt das für eine andere Brennesselart
) dann aber immer mehr. Und schließlich konnte ich beobachten, daß nahezu alle Schafe regelrecht auf Brennnesseljagd gingen. Sogar Einzelpflanzen in Grasflächen wurden gesucht und von den Blütenansätzen her vorsichtig abgefressen und manchmal sogar samt Wurzel ausgerissen.
Die Wuchshöhe, die ich sehr genau an den Modulständerstreben beurteilen kann, nahm auf der ganzen Fläche sogar ab. Ich mähte dann nur noch eher ordnungspolitisch, denn auch Altpflanzen - vormals brusthoch - sind bis auf Wadenhöhe weggefressen und treiben dort buschig erneut aus. Ich vermute, daß die Schafe sich durch die dauernde Verfügbarkeit von Brennnesselheu auf das Nahrungsmittel eingestellt und umgestellt haben und ihren Brennnesselbedarf später aus der frischen Pflanze decken wollten. Ich unterstütze das indem ich jetzt gelegentlich einzelne Zeilen nachmähe, was in den Folgetagen die Brennnesseljagd wieder anfacht. (Menschen kennen das als "Schwarzbrotsucht", wenn sie länger im z.B. asiatischen oder karibischen Ausland verweilen)
3.) In den gemähten Brennnesselbereichen wächst das Gras als Neuaustrieb oder Neuaufwuchs, neben dem alten überständigen Weidegras auf. Im Ergebnis steht auf der Weide gleichzeitig Aufwuchs ganz unterschiedlicher Entwicklungstufen und Höhen zur Verfügung. Es ist beeindruckend zu beobachten, daß einzelne Schafe, Familien oder Gruppen sich regelrecht spezialisieren - manchmal nur tageweise - und ganz selektiv und unter Inkaufnahme langer Anmarschwege und Trenung von der Herde nur ganz bestimmte Teilflächen bzw. Wuchshöhen oder Alter befressen. Ein paar von den Bluefaced Leicestern halten dabei Bereiche so kurz wie Rasenteppich, obwohl direkt daneben saftiges 10cm-hohes Gras steht. Diese "Kurzrasen" suchen sie täglich nach Jungdisteln, Goldrute und Rainfarnpflänzchen ab un fressen dort stundenlang Millimeter für Millimeter ab, was länger als 8mm aufgewachsen ist, lassen dort Brennnessel aber stehn.
Tage später - wer weiß warum - sind dann diese Brennnessel weggefressen, aber das in ihnen geschützt aufgewachsene und alt gewordene Gras steht noch. Und bleibt auch stehen, obwohlringsum - wie mit dem Mähroboter - Golfrasen gepflegt wird.
Excerptum:
1.) Das Abmähen vor Trockenheit und massiver Verdunstung schädigt die Brennnessel am stärksten.
2.) Schafe lernen über das (Über-) Angebot an Brennnesselheu das Abfressen lebender Brennnesselpflanzen.
3.) Die Schafrasse und das Anlernen hat erheblichen Einfluß auf das Weideergebnis.
Conclusio:
Ohne Sense geht es nicht.