Eure Anforderungen an wirtschaftliche Fleischschafe?

Manfred
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Eure Anforderungen an wirtschaftliche Fleischschafe?

Beitrag von Manfred »

Nach welchen Kriterien züchtet / selektiert ihr eure Fleischschafe?
Welche Anforderungen stellen eure Abnehmer?
wulfi
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Re: Das wirtschaftliche Fleischschaf?

Beitrag von wulfi »

Bei uns bleiben nur lämmer zur Zucht von. wo die Mutter mindestens 8jahre alt ist 8mal gelammt hat Und 15 lämmer geboren hat. Unser Abnehmer nimmt nur lämmer die fleischig sind aber wir haben da mit noch keine Probleme gehabt darum liegt mein Zucht Ziel in der robustheit der Herde, langlebig keit (lange Nutzungs Dauer ) und mehrlings geburt.
LG wulfi
Manfred
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Re: Das wirtschaftliche Fleischschaf?

Beitrag von Manfred »

Wenn du auf Mehrlinge selektierst, hat das nicht mehr Geburtsprobleme und Flaschenlämmer zur Folge?
Bezüglich der Langlebigkeit scheinst du ja eine sehr gut durchgezüchtete Herde zu haben. Ich wünschte, ich wäre bei meinen Rindern nur annähernd so weit.
wulfi
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Re: Das wirtschaftliche Fleischschaf?

Beitrag von wulfi »

Also ich hab mir Grad mal die Arbeit gemacht und es aus gewertet von den letzten 15jahren es sind auf keinen Fall mehr flaschenlämmer geworden. Geburtsprobleme hab ich mir leider nicht notiert aber von Gefühl her würde ich behaupten nicht.LG Wulfi
balin
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Re: Das wirtschaftliche Fleischschaf?

Beitrag von balin »

Manfred, was hast Du den für eine Rinderrasse? Ich stelle zur Zeit auf Rotvieh um, weil ich die Schwergeburten beim Fleckvieh nicht mehr haben will.
Ich suche genauso das unkomplizierte Rind wie andere das unkomplizierte Schaf, wobei ich eigentlich beides suche. Umso besser, wenn man die dann auch noch gut verkaufen kann. In der Vermarktung liegt oft das größere Problem. Man muß klarmachen können, daß in einer angepassten Schaf- oder Rinderrasse an sich schon ein Vorteil liegt. Einzelmerkmale sollten weder uns noch den Abnehmern den Blick auf's Ganze verstellen.
Manfred
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Re: Das wirtschaftliche Fleischschaf?

Beitrag von Manfred »

Ich habe Kreuzungen aus Fleckvieh (Ausgangsherde, Tiere von meinen Eltern) und Angus (weg. Leichtkalbigkeit und besserer Fleischqualität).
Mein "Zuchtziel" hat sich in den paar Jahren schon mehrfach geändert, weil ich ständig dazu lerne.
Dieses Jahr gab es leider einen Rückschlag, weil ich letztes Jahr einen Kreuzungsbullen gewählt hatte, der reihenweise Schwergeburten produziert hat. Dieses Jahr kam wieder ein bzgl. Leichtkalbigkeit bewährter Angus-Altbulle zum Einsatz.

Ich habe inzwischen 3 gleichwertige Hauptziele, die ich erreichen möchte:
-Problemlosigkeit (leichte Geburten, Krankheits- und Verletzungsresistenz, Umgänglichkeit)
-Effektivität (mögl. viel verkäufliches Produkt aus dem erzeugten Grünlandaufwuchs)
-Langlebigkeit

Inspiriert hat mich vor allem die Zuchtarbeit der Familie Lasater, die Erschaffer der Rasse Beefmaster (Buch "The Lasater Philosophy of Cattle Raising") und die von Johann Zeitsman, Rasse Veldmaster (Buch "Man, Cattle and Veld").
Außerdem die EUNA (Europäische Vereinigung für Naturgemäße Rinderzucht) und die Arbeitsgemeinschaft für Rinderzucht auf Lebensleistung.

Da dieses Konzept noch relativ frisch ist bei mir, halten sich die Fortschritte noch in Grenzen.
Bisher habe ich Prioritär auf Problemlosigkeit und die letzten 2 Jahre auf natürliches Absetzten und Fruchtbarkeitsleistung (mögl. kurze Abkalbeperiode) selektiert.
Effektivität und Langlebigkeit kommen neu dazu.

Das mit der Effektivität hatte ich bisher falsch verstanden, und mich auf die Tageszunahme der Einzeltiere konzentriert.
Das produziert aber zwangsläufig großrahmige, spätreife Tiere mit relativ schlechter Gesamt-Futterverwertung.
Und es führt zu einer Überbetonung der Milchleistung der Mutter. Viel Milch bringt zwar hohe Tageszunahmen der Kälber, kostet aber auch viel Futter. Effektiver (Gras zu Produkt) ist es, wenn die Kälber etwas langsamer, aber aus eigener Grundfutterverwertung heraus zunehmen. Da musste ich einiges von den Amis und Afrikanern lernen, was mir aus unserer mastlastigen-Literatur noch nicht bekannt war. Je mehr ich lerne, desto mehr habe ich den Eindruck, dass wir bezüglich der Weidehaltung ein Entwicklungsland mir sehr wenig Knowhow sind.
Zietsman hat in langjähriger Arbeit ein recht interessantes Konzept zur Selektion der effektivsten Tiere geschaffen (in seinem Buch erklärt er das ausführlich).
Er hat dabei drei Hauptkriterien: Fruchtbarkeit (sehr kurze Deckperiode, was nach einem Zyklus nicht trägt fliegt raus, und das ist unter Veld-Bedingungen extrem hart...), Körperkondition (Er sagt, die Tiere sollen aussehen wie 8 Pfund Zucker in einem 5 Pfund Beutel und nicht wie 9 Pfund Zucker in einem 10 Pfund Beutel. Heißt Tiere, die aus der gleichen Futtergrundlade ordentlich Fett draufpacken können sind deutlich effektiver als die, die nur in den Rahmen wachsen und mager bleiben) und Frühreife (die Tiere sollen mit 12 Monaten mögl. nahe an der voraussichtlichen Endgröße (Errechnet aus dem Rahmen von Vater und Mutter) sein.
Ist soweit alles schlüssig (wenn man das Thema vertieft hat) und dort auch langjährig bewährt. Haken für unseren Markt ist, dass man bei relativ kleinrahmigen Rindern landet, die nicht in unsere mitteleuropäischen Schlachtmasken passen, was dann mit kräftigen Abschlägen bestraft wird. In den klassischen Weideländern sind die Schlacht- und Mastbetriebe viel besser auf die unterschiedlichen, Standortangepassten Rahmengrößen eingerichtet und haben entsprechende Klassifizierungsverfahren. D.h. hierzulande muss man dann entweder auf die Direktvermarktung umsteigen oder einen Kompromiss zwischen der Effektivität der Tiere und dem Markt fahren.
Bei großen Betrieben wäre das auch durch Aufteilung in eine Zucht- und eine Gebrauchsherde möglich. Die Zuchtherde produziert mögl. effektive Kühe passend zum Standort und in der Gebrauchsherde werden diese dann mit marktkonformen (eher großrahmigen, gut bemuskelten) Bullen belegt.
Bei meiner kleinen Herde wird das wohl eher auf mittelrahmige Tiere mit etwas beschränkter Effektivität rauslaufen.
balin
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Re: Das wirtschaftliche Fleischschaf?

Beitrag von balin »

So, wie Du es beschreibst ist es recht gut nachvollziehbar. Man will einen Jahresrhythmus einhalten, auf eigener Futtergrundlage(Grünland) mit wenig Arbeit und wenig Maschinen und mit Tieren, die das problemlos in der Genetik drin haben und die dabei noch ein ansehnliches Produkt liefern.
Ist wohl bei den Fleischschafen so ziemlich dasselbe und da fängt die Kleinarbeit an. ;)
Es hat jeder sein Nuancen dabei. Zum Beispiel möchte ich mir die Option von Milch auf Grünland erhalten. Bis jetzt habe ich noch viele Kühe gemolken wenn ihre Kälber verkauft waren oder auch die mit den Totgeburten. Das ist ein gewisses Sicherheitsnetz und man bleibt so der Herde vertraut. Und noch eines stelle ich fest, was mich etwas von Dir unterscheidet. Ich wünsche mir Jungrinder, die nicht zu früh geschlechtsreif werden. Bei mir läuft der Bulle oder auch zwei das ganze Jahr mit. Die zu früh gedeckten haben dann einen Entwicklungsnachteil und so werden ja auch Schwergeburten provoziert.
Eine gemischtaltrige Herde ist auch nicht so parasitenanfällig und genau deswegen möchte ich ja auch ein paar andere Pflanzenfresser mitlaufen lassen, eben auch Schafe. Da muß ich nicht völlig umdenken und sie ergänzen ja auch die Rinder in ihren Fressgewohnheiten.
Ich möchte gerne die Standweide beibehalten, das macht einfach weniger Arbeit. Futter holen ist für mich nur im Herbst und im Winter stelle ich Ballen in den Futterringen hin. Nach dem Altweibersomer wünsche ich mir deswegen immer Frost und Schnee. Dann sind die Trittschäden nicht so hoch. :)
Naja, und was die Vermarktung anbetrift, da suche ich zunächst mal Gleichgesinnte. Wenn man zunächst mal Erfahrungen austauscht, findet man später bestimmt auch Formen der Zusammenarbeit, die sich für alle in der Wirtschaftlichkeit niederschlagen und wo man sich ergänzen kann.
Bei alledem muß man selber auch arbeitsmäßig und nervlich überleben. Ich habe den Vorteil, daß ich wirklich gerne bei den Tieren draussen bin.
Es hängt eben vieles von den Gegebenheiten und den Vorlieben ab. Ich würde mir bei der Fragestellung keine eindeutige Antwort zutrauen.
Manfred
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Re: Das wirtschaftliche Fleischschaf?

Beitrag von Manfred »

Einfache Antworten die für alle passen, kann es nicht geben.
Jeder Betriebsleiter muss für sich rausfinden, was am besten für seine Gegebenheiten und seine sonstigen Ansprüche passt.

Meine Rinder sind fast das ganze Jahr in einer Herde. 2 bis 3 Wochen nach Beginn der Abkalbesaison, bevor die erste Kuh wieder rindert, nehme ich die Bullen raus. Zum Deckzeitpunkt kommt dann der Deckbulle rein und wenn der 4 bis 5 Wochen drin war, die Jungbullen wieder mit dazu. Ochsen habe ich mal ein Jahr getestet, das vereinfach das Management natürlich. Aber sie wachsen in meinen System doch merklich langsamer als Bullen und ich mag die Kastriererei schlicht und ergreifend nicht. Deshalb arbeite ich wieder mit Bullen. Bin aber immer wieder am Überlegen, doch zu kastrieren. Das Thema ist noch nicht durch.
Probleme mit Frühträchtigkeiten hatte ich noch nie. Liegt evtl. auch daran, dass sie einen weitgehend natürlichen Jahresablauf haben. Die gewünschte Frühreife bezieht sich auf die körperliche Entwicklung.

Rotes Höhenvieh gefällt mir gut. Da scheint es aber auch diese unschöne Tendenz zu geben, immer größere Tiere zu züchten. Das wäre für diese Rasse m.E. eine völlig falsche Entwicklungsrichtung. Das eher kleinrahmige Höhenvieh hat sich ja gerade durch seine gute Anpassung an die eher karge Futtergrundlage der Mittelgebirgslagen ausgezeichnet. Kleinere Tiere haben einen unfaire Vorteil, wie Zietsmann so schön sagt, weil ihre Stoffwechselrate im Vergleich zum Erhaltungsbedarf höher ist. Sie können deshalb proportional zum Erhaltungsbedarf schneller Gewicht zulegen.
Deshalb sind Schafe auch effektiver als Rinder und Karnickel effektiver als Schafe. Mäuse sind noch mal eine Nr. schneller.
Wenn wir Mäuse und Insekten effektiv managen und vermarkten könnten, wäre der mehrfache Produktertrag vom ha Grünland zu holen.

Leider scheinen viele Schafherden ihre Vorteile bei der Effektivität durch ihre Anfälligkeit und Pflegebedürftigkeit wieder zu verspielen. Deshalb interessiere ich mich für Rassen wie Nolana, Easy Care, Exlana etc.
Mit kommt immer wieder eine Aussage in den Kopf, die ich mal von einem Australier oder Afrikaner gelesen habe. Sinngemäß: Wenn du eine Schafherde aufbaust, fahre die ersten Jahre zur Lammzeit in den Urlaub. Die Schafe, die du danach noch hast, sind die, die du brauchst. In D kann und will das natürlich niemand bringen. Die Umsetzung hierzulande wäre: Jedes Schaf, das Geburtshilfe benötigt, würde inkl. Nachwuchs aussortiert.
Ich mache das bei meinen Rindern so. Ist dieses Jahr hart. Was können die Färsen dafür, wenn ich mich beim Bullen vergreife. Man erwischt so sicher das eine oder andere gute Tier, das einfach Pech hatte. Aber man wird alle Problemtiere los. Und das macht sich auf Dauer bezahlt.
Wilhelm
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Re: Das wirtschaftliche Fleischschaf?

Beitrag von Wilhelm »

Hi,
Wirtschaftlichkeit kann man sehr verschieden definieren. Seit ich 2000 angefangen habe von Fleischwollschafen auf Nolana umzuzüchten habe ich außer der Abhaarung vor allem auf Mütterlichkeit, definiert als keine Ablammprobleme und problemlose Aufzucht, und Futterdankbarkeit, definiert als Verzicht auf Zukaufsfuttermittel wie zB Sojaschrot und auschließliche Fütterung von Wirtschaftsafuttermitteln incl eigenem Hafer und ZR, selektiert.
Seitdem bei 1,8 Lämmern angekommen, Geburtshilfe seit einigen Jahren 0, ebenso nicht wirklich angenommene Lämmer. Es kommt vor, das Lämmer nicht ohne weiteres angenommen werden wenn nachts mehrere Schafe gleichzeitig lammen und/oder die Geburten eines Schafes so schnell hintereinander erfolgen, daß die Mutter-Kind Bindung noch nicht besteht weil inzwischen das nächste Lamm geboren wird, das erste Lamm auf Grund der sehr großen Vitalität aber selbstständig abhaut. In solchen Fällen binde ich das Schaf sehr kurz an in einer abgelegenen Bucht. Nach 2-3 Tagen klappts dann. Wenn nicht, gibts die Fahrkarte nach Klein Sibirien.
Es gibt nur einen Versuch, ich habe keinerlei Probleme neue Kandidtinnen zu requirieren, eher das Problem, daß zu viele Bewerberinnen auf einen" Arbeitsplatz" vorhanden sind. Klingt vieleicht arrogant, ist aber Ergebnis 16 jähriger konsequenter kompromißloser Selektion.
Ich habe keine Ausschlachtung zum Angeben, keine dergleichen Zunahmen. 40-44%, bzw um 150 g.
Jährlicher Haferverbrauch bezogen auf 1 MS/Tg = 100g.
Rest ist Weide und Luzerneheu bzw Silage. Dazu ca 20 g Mineralfutter über alle Tiere.
Arbeiten sind Klauenschnitt und Fütterung und Heuwerbung.
Weidesystem habe ich ja schon beschrieben unter Weidemangement. Hauptarbeitszeit außer der Schlachtung ist tägliche Tier-und Weidebeobachtung.
Für mich ist diese Haltung mit Nolanas sehr wirtschaftlich.
Gruß, Wilhelm
Manfred
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Re: Eure Anforderungen an wirtschaftliche Fleischschafe?

Beitrag von Manfred »

Ihr habt recht. Der Thread-Titel war unglücklich gewählt. Ich habe ihn geändert. So kommt hoffentlich besser zum Ausdruck, dass die individuellen Anforderungen gemeint sind.

@Wilhelm:
Das hört sich richtig gut an.
Wie schaut es bei dir mit dem Parasiten-Management und der Klauenpflege aus?
Schafe scheinen da ja deutlich anfälliger zu sein als Rinder?
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