Schwanz-Kupieren

Fröschchen
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Schwanz-Kupieren

Beitrag von Fröschchen »

Frage in die Runde:

Langen Schwanz kupieren macht in meinen Augen Sinn bei langbewollten Mutterschafen, alternativ das Ausscheren vor Bedeckung bzw. Lämmerankunft. Aktuelle Diskussion jetzt Kupierverzicht.

Denke gerade aber an Doggen, die sich deshalb den Schwanz an Tischbeinkante abwedeln. Oder Jagdhunde, Dackel, die sich im Gestrüpp mit ihrer Rute quasi festnageln. Wird da bei Befreiungsversuch durch die auch nicht schmerzfrei ablaufen... (Bin kein Hundemensch, nur allgemein interessiert).

ABER:

Habe nun 6 (unkupierte) Wiltshire-Horn-Schafe, von denen KEINES einen geraden End-Schwanz hat. Entweder Muttern draufgetreten, oder selbst verursacht, oder... Nur: ein mechanischer Schwanzwirbelbruch und dessen Genesung kann doch auch bei denen nicht schmerzfrei verlaufen. Deshalb durch Kupieren vielleicht verhindern??

LG
Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muß man vor allem ein Schaf sein. (Albert Einstein)
lavardos
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Re: Schwanz-Kupieren

Beitrag von lavardos »

Hallo, ein Knick im Schwanz muss keine mechanische Ursache haben, sondern kann genauso gut genetisch bedingt sein.

Der Schwanz ist letztlich die Verlängerung der Wirbelsäule. Es sollte versucht werden, den Knickschwanz dann züchterisch weg zu bekommen.

Zudem ist es sinnvoll, u. a. in der Zucht auf Kurzschwänzigkeit zu selektieren.
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Henry
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Re: Schwanz-Kupieren

Beitrag von Henry »

Heute sind Schwänze am Schaf nur hinderlich. Oft sind sie Problemverursacher oder -verdecker. Der Mehraufwand der Schafschur am Schwanz ist ein echter Mehraufwand und führt auch nur zur kurzzeitigen Verminderung einiger Probleme. Wollschwänze an Mutterschaf sollten also rechtzeitig entfernt werden.

... und dann kann es auch egal sein, ob die Schwänze genetisch zu Frakturen neigen oder zu Mißbildungen.
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mara
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Re: Schwanz-Kupieren

Beitrag von mara »

Warum gibt es denn überhaupt Schafe mit langen Schwänzen?
Darauf muss ja irgendwann mal selektiert worden sein aber warum?
Bzw finde ich es auch sehr erstaunlich, dass es überhaupt möglich war, etwas zu züchten das vorher nicht da war....ein Schaf hat ja dann mehr Wirbelknochen als die wildform?
Kommt mir gerade keine andere Tierart in den Sinn bei der das möglich war....
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Henry
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Re: Schwanz-Kupieren

Beitrag von Henry »

Lange Schwänze = mehr Oberflàche = mehr Wolle.
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st68
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Re: Schwanz-Kupieren

Beitrag von st68 »

Langschwänzige Rassen (Z.B. Merinos) kamen mit den ersten Bauern aus dem vorderen Orient nach Europa eingewandert.
Kurzschwänzige Rassen (z.B. Heidschnucken, Skudden) sind die "einheimischen" Rassen, aus Mittel- und Nordeuropa.

Da wurde vom Menschen nix dazugezüchtet. Allenfalls haben sich durch Kreuzungen der verschiedenen Rassen, andere Längen ergeben. Aber bestimmt nicht als vorderstes Zuchtziel.

vereinfacht ausgedrückt:
- Zuchtziel viel Leistung, mit asaisonale Brunst = lange Schwänze
- Zuchtziel viel Robustheit, mit saisonale Brunst = kurze Schwänze

Was braucht man zum überleben, in der unregulierten globalisierten Marktwirtschaft?

Wer also einem Merino einen kurzen Schwanz anzüchten will, nur um nicht mehr kupieren zu müssen, wird dafür wohl weit über 100 Jahre brauchen, wenn der Rest vom Schaf die selben Leistungsanforderungen bringen muß.

Schwanzlängen waren wohl schon vor der Domestikation des Schafes so wie sie heute sind. Und da man Schwänze am Schaf problemlos kürzen konnte, spielte deren Länge auch nie eine Rolle. Erst heute, durch falsch ausgelegten Tierschutz, machen zu lange Schwänze Probleme.

------------------

Ich lasse mich in meinem aktuellen Wissensstand auch gerne Berichtigen. Gerne auch mit belegbaren Quellen.

P.S. hat ne Schnucke wirklich weniger Schwanzwirbel wie ein Merino? Die Anzahl der Halswirbel sind doch bei jedem Säugetier (Giraffe oder Maus) die selben.
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shorty
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Re: Schwanz-Kupieren

Beitrag von shorty »

Henry hat geschrieben: Sa 26. Sep 2020, 11:47 Lange Schwänze = mehr Oberflàche = mehr Wolle.

Ja das ist zwar auf alle Fälle richtig, aber mal so als Wollverarbeiter, die Schwanzwolle zählt zur Brandwolle und wird zumindest bei hochwertiger oder sagen wirs mal anders ernsthafter Verarbeitung eher weggerissen...
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Henry
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Re: Schwanz-Kupieren

Beitrag von Henry »

Das ist heute so.
Schwanzwolle war mal Entgelt für den Scherer.
Damals wurden Schafe auch vor der Schur noch gebadet.
Die Schwanzwolle ist verschmutzt und verfärbt, aber oft wesentlich besser als Bauchwolle.
Henry
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shorty
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Re: Schwanz-Kupieren

Beitrag von shorty »

Henry hat geschrieben: Sa 26. Sep 2020, 15:26 Das ist heute so.
Schwanzwolle war mal Entgelt für den Scherer.
Damals wurden Schafe auch vor der Schur noch gebadet.
Die Schwanzwolle ist verschmutzt und verfärbt, aber oft wesentlich besser als Bauchwolle.

Oh da hat sich der Scherer aber mit wenig zufrieden gegeben :-))

Heute ist das allerdings eher erst wieder im Kommen, vereinzelt, bei Nischenverarbeitern, viele Jahre hat man auf Woolhandling in D überhaupt keinen Wert gelegt.
Wobei die Frage natürlich nicht national kleinrasterig angelegt war und auch breiter was das Zeitfenster betrifft.
Jep Bauchwolle ist auch nicht so das wahre :-))

Wenn ichs mir raussuchen kann reisse ich beides weg und behalte nur das Herzstück...
Gibt Ausnahmen auch... logisch...:-)
mara
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Re: Schwanz-Kupieren

Beitrag von mara »

Danke für die Erklärungen!
Aber stammen denn nicht alle Schafrassen ursprünglich vom (kurzschwänzigen) Mufflon ab?
Finde es einfach speziell. Einem tier einen kürzeren Schwanz anzuzüchten ist ja möglich beim Hund oder Katze aber einen längeren...ist offenbar auch möglich aber jedenfalls erstaunlich.
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