Wie habt ihr eure Schafe versichert?

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Henry
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Re: Wie habt ihr eure Schafe versichert?

Beitrag von Henry »

Das war nicht auf Dich gemünzt. Ich meine, daß jede Versicherung das gute Gefühl erzeugt, versichert also sicher zu sein - ganz egal, ob sie passend ist.

Bitte seht mal in die speziellen Versicherungsbedingungen Eurer Versicherungspolicen, welche Pflichten dem Tierhalter aufgegeben sind. Oder besser noch, definiert genau den Fall schriftlich, der Euch die allermeisten Sorgen macht und laßt den von der Gesellschaft gleich bei Vertragsabschluß oder als Bedingung dafür mit einer Deckungszusage versehen.
Henry
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st68
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Re: Wie habt ihr eure Schafe versichert?

Beitrag von st68 »

Also: Grundvoraussetzung für meinen ersten großen Bankkredit (zwecks Betriebsgründung und Anschaffung einer Schafherde) war, dass ich eine Betriebshaftpflichtversicherung abschließen MUSSTE, die speziell auf eine Schäferei ausgelegt war. Wichtigster Bestandteil derselbigen war eine Flurschadensversicherung. Auch der Alteigentümer der Flächen, der auch gleichzeitig einziger Nachbar sämtlicher von mit gepachteter Flächen war, wollte so einen Versicherungsnachweis von mir sehen, um mit ruhigem Gewissen die Flächen an mich abzutreten.

Der Bank ging es vor allem darum, dass ich nicht wegen horrender Schadensersatzzahlungen, unfähig wäre, die Bankraten zurückzuzahlen. Und dem Flächenbesitzer darum, dass ich eventuelle Schäden auf seinen Flächen ersetzen würde.

Ich glaube nicht, dass eine Bank nicht wissen würde, dass eine Versicherung grundsätzlich keinerlei Schadensregulierung von Tierhaltenden Landwirten vornimmt, WENN es denn so wäre.

Flurschadensregulierung mußte ich nie in Anspruch nehmen. Allerdings zwei mal einen Schaden, den meine Arbeitshunde verursacht hatten. Einmal den Dackel vom Alt-LPG-Chef (unter Zeugen und nachweislich durch meine Fahrlässigkeit) umgebracht und einmal Nachbars Ziege, durch mangelhafte Verwarung eines Hundes ums Leben gekommen. Beide male hat die Versicherung anstandslos die Wunschsumme der Geschädigten erstattet, ohne dass ich irgendwelche Lügenkonstrukte in die Formulare eingetragen hätte. Arbeitshunde sind ausdrücklich in der Betriebshaftpflicht mit aufgeführt und zahlenmäßig nicht begrenzt. Auch nicht nach Hüte- oder Herdenschutzhund differenziert. Noch nicht...

Noch mal zu der Flurschadensversicherung: Die hat jeder Schäfer im Westen und wohl auch im Osten (außer Henry natürlich). Ohne die, würde er maximal ein Jahr durchhalten. Dann ließe ihn keine Gemeinde mehr durchziehen, und kein Bauer mehr auf/neben seinen Flächen weiden. Sehr viele Raub- und Bettelschäfer lassen sich von der Versicherung einen Großteil ihres "Winterfutters" finanzieren.

Wer läßt einen Schäfer in seine Nähe, der lachend nach jedem Schaden erklärt, dass er für keinerlei Schäden haften muß und das auch nicht vor hat?

Auch der Solarparkbetreiber wollte, als Grundvoraussetzung für meinen Pflegevertrag einen schriftlichen Nachweis meiner Versicherung haben, indem ausdrücklich Schäden an technischen Anlagen des Solarparks mitversichert sind.

Viel Spaß mit Henry's Rechtsberatungen. Der wohl nicht zwischen entgleisten ICE's/Massenkarabolagen auf Autobahnen und verwüsteten Vorgärten, oder kahlgefressenen Maisäckern unterscheiden kann/will.
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st68
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Re: Wie habt ihr eure Schafe versichert?

Beitrag von st68 »

Einen hab ich noch:

Damals, als zwei Leonberger ein Drittel meiner Herde zermetzelten, hätte die Vericherung der Hundehalter zahlen müssen und hätte das auch, WENN die ihre Beträge bezahlt hätten. Da ging es nicht um Sorgfalt, oder obskure Modalitäten in den Formularen, sondern nur darum, wem die Hunde gehörten, die da zwischen den Schafen waren und bis zu ihrem Zuhause, von der Polizei, begleitet wurden.

Weil die Versicherung nicht zahlte, ging ich den Klageweg und bekam nach 6 Jahren recht. Nur Geld gabs keins. Da hatten die Hundebesitzer wohl Rechtsberatung vom Henry bekommen, weil sie mit ihrem Einkommen unter der Pfändungsgrenze blieben.

Merke:

Eine nicht zahlende Haftpflichtversicherung, befreit nicht von der Schadensersatzpflicht. Und die hat jeder Tierhalter für Schäden durch seine Tiere. Egal ob er eine Versicherung hat, oder nicht.

Und wer mit seinen Nachbarn auf lange Sicht gut auskommen will, sollte alle Schäden die seine Schafe verusachen, großzügig oder zumindest auskömmlich ausgleichen. Eine Versicherung hilft dabei ungemein...
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Henry
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Re: Wie habt ihr eure Schafe versichert?

Beitrag von Henry »

st68 hat geschrieben: Do 21. Jan 2021, 14:39 Merke:
Eine nicht zahlende Haftpflichtversicherung, befreit nicht von der Schadensersatzpflicht. Und die hat jeder Tierhalter für Schäden durch seine Tiere. Egal ob er eine Versicherung hat, oder nicht.
Du bist nicht allein mit dieser Meinung. Aber in BGB 833 steht: „Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.“

Ich komme seit Jahren gut damit aus. Wenn Du lieber versichert bist, auch gut. Aber manch anderer lernt aus Verfahren von 6 Jahren Länge nur, daß es sinnvoller wäre es zu lassen und sich die Situation exakt so darstellt, wie von mir dargetan.

Macht nur was ihr wollt! Ihr seid ohnehin schlauer. Und die Versicherungen wollen ja auch leben.
Henry
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st68
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Re: Wie habt ihr eure Schafe versichert?

Beitrag von st68 »

Henry & §833 hat geschrieben:Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
Frage: Welchen Schaden kann ein Nutztier verursachen, wenn die (JEDE) erforderliche Sorgfalt durch den Tierhalter aufgewendet wurde, um diesen Schaden zu verhindern? Mir fallen nur extrem seltene Naturkatastrophen ein, durch die eine Ersatzpflicht nicht eintreten könnte, aber nicht müsste. Schließlich muss jeder Schafhater immer und überall mit Naturkatastrophen rechnen und sich darauf vorbereiten (wenn's nach den Wolfsschützern geht).

Den Normalfall, nämlich Fraßschäden durch ausgebrochene Tiere, zerbissene Hosenbeine durch Hunde, Amok laufende Schafböcke, zugekackte Straßen/Spielplätze, verbeulte Autos durch Schafe auf der Straße, demolierte Gartenzäune, abgefressene Gärten und endlos viele Möglichkeiten mehr, deckt dieser Paragraph (im Sinne des Verfassers) nicht ab. Es mag Richter geben, die Schlampenschäfern auf diese Weise einen Freifahrtschein geben. Die allermeissten werden aber in solchen Schäden eine Verletzung der Sorgfaltspflicht sehen und entsprechend urteilen. Weil diese Schäden nicht eingetreten wären, wenn die erforderliche Sorfalt eingehalten worden wäre.

Und es bleibt immer noch die Frage des Beweises, der erforderlichen Sorgfalt, die ein Richter anerkennen MUSS. Soll da immer ein Weidetagebuch reichen?
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Re: Wie habt ihr eure Schafe versichert?

Beitrag von Thorsten »

Habe einige Beiträge in den "Circus Maximus" verschoben.
Hier kann nun "fff" weiter diskutiert werden.
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Re: Wie habt ihr eure Schafe versichert?

Beitrag von Schnuckenlady »

Ich habe eine richtige Betriebshaftpflicht. Auch wenn es nur wenige Tiere sind und die Schafe nicht mein Einkommen bestreiten. Der Vorteil dabei ist, wie ich finde, dass eben auchdie Flächen abgesichert sind und einige andere Sachen.
https://www.selfandhandmade.de

Fehler sind dafür da, um draus zu lernen!
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Henry
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Re: Wie habt ihr eure Schafe versichert?

Beitrag von Henry »

st68 hat geschrieben: Do 21. Jan 2021, 17:40
Henry & §833 hat geschrieben:Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
Frage: Welchen Schaden kann ein Nutztier verursachen, wenn die (JEDE) erforderliche Sorgfalt durch den Tierhalter aufgewendet wurde, um diesen Schaden zu verhindern?
Es ist nur die erforderliche und eben nicht jede hilfreiche Maßnahme zu ergreifen. Der sicherste Weg, Schäden durch Tiere zu verhindern, wäre, keine zu halten. Das war dem Gesetzgeber im Kaiserreich schon bekannt. Er wollte den Tierwirt ausnehmen. Daher hat er die verschuldensunabhängige Gefährderhaftung nur den Luxustierhaltern aufgegeben. Die Schäfer gehören nicht dazu. Weder deren Schafe und Ziegen, noch ihre Herdenschutz- oder Hütehunde und auch keine Wolffutter-Esel.

Bei der Tierhalterhaftung nach 833 geht es ausschließlich um die aus der Unberechenbarkeit der Tiere erwachsende Schadengefahr. Erwartbare Tierreaktionen, wie das Abfressen von Nachbars Blumen fallen gerade nicht darunter. Wenn also ein Schäfer seine Schafe in den Stadtpark treibt, um dort die Wiesen kurz zu halten, aber den Flieder nicht schützt, der folglich geschält wird, dann handelt es sich gerade nicht um einen Fall nach 833. Dann geht es um betriebliches Risiko, denn der Schaden wurde fahrlässig (oder vorsätzlich :haehae: ) mit Hilfe der Tiere verursacht und war erwartbar. Das genau ist also keine Tiergefahr. Ebensowenig die Verschmutzung einer Straße nach einem Trieb oder das Einbrechen von Schafen in einen unverschlossenen Gemüsegarten während eines Triebes. Dafür ist - wenn man denn mag - eine Betriebshaftpflichtversicherung abzuschließen.

Wer möchte, kann sich zum Beispiel bei dejure anmelden und sämtliche Urteile zum 833 anschauen. Das sind mehrere Seiten. Oder er kann Rechtsberatung in Anspruch nehmen und sich den Unterschied Gefährderhaftung, verschuldensabhängige Haftung erklären lassen. Auch das Prüfungsschema zum 833 kann helfen, den Unterschied zu erkennen. Und dann gibt es noch die Beck‘schen Kommentare und Sammlungen ausgewählter Urteile. Und die Prüfungsvorbereitung Jura-Online.

Beispiel: Auto fährt in Herde, weil hinten keine Hilfskraft sicherte. Verschulden. Auto verbeult. Verschuldenshaftung. Betriebshaftpflicht. Keine Tierhalterhaftung.

Ein anderes Auto fährt vor der Herde als sich hinten ein Unfall ereignet, weil ein Auto die winkende Hilfskraft überfährt. Die Schafe geraten in Panik, überrennen den Schäfer und springen auf dieses KFZ und benachbarte parkende Autos, verbeulen die und rennen Omas um, überspringen das Brückengeländer und stürzen in die Spree und verstopfen schußendlich mit ihren Kadavern das nächste Wasserkraftwerk. War das zu erwarten? War das zu verhindern? Oder war das eine unvorhersehbare Tiergefahr (die nur der Luxustierhalter schultern muß)? Wenns nun kein Auto gewesen wäre, da hinten, sondern eine abstürzende Fernsehdrohne von Regionalradio, Redaktion live dabei?

Wenn ihr erwartet und ernsthaft in Betracht zieht, daß Eure Schafe auf diese Weise Wasserkraftwerke verstopfen, dann braucht ihr eine Betriebshaftpflichtversicherung, wenns Euch nicht gelingt, das zu verhindern. Haltet ihr (und ein Gericht) das für mindestens unerwartbar, dann gibts keine Schadenhaftung des Tierhalters nach 833 2. S.

Wofür dann also die Tierhalterversicherung?
Henry
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st68
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Re: Wie habt ihr eure Schafe versichert?

Beitrag von st68 »

Henry hat geschrieben:Wofür dann also die Tierhalterversicherung?
Für abgefressene Vorgärten, demolierte Gartenzäune, verbeulte Autos usw. Und vor allem, um den eigenen Ruf nicht zu ruinieren, weil man selbst verschuldete (Flur)Schäden nicht ersetzen kann/will. Mit dem Verweis aufs Einkommen unter der Pfändungsgrenze oder den §833, kommt man vielleicht vor dem Richter davon, aber nicht vom erzürnten Gartenbesitzer, oder Nachbar-Bauer, dessen Wiese man noch Jahrzehnte als Winterweide nutzen möchte.

Keine Versicherung wird sich mit Verweis auf §833 herausreden können, weil sie nicht der Tierhalter ist. Die muss sich an die Vertragsbedingungen halten. Und Alltagsschäden (wie im vorherigen Absatz) werden anstandslos reguliert.

Ein verstopftes Wasserkraftwerk übersteigt auf jeden Fall die Deckungssumme einer normalen Betriebshaftpflicht. Ist das selbe, wie in meinem vorherigen Beispiel mit einem entgleisten ICE, oder Massenkarambolage auf der Autobahn. Ein Schäfer könnte das sowieso NIE im Leben abzahlen. Und dafür wurde der §833 erfunden.
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Henry
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Re: Wie habt ihr eure Schafe versichert?

Beitrag von Henry »

Ich glaube nicht, daß Du den speziellen Fall der verschuldensunabhängigen Tierhalterhaftung, von der nur der Erwerbshalter ausgenommen ist, von einer Schadenhaftung aus dem Betrieb einer Schäferei richtig abgrenzt.

Ein verwüsteter Vorgarten durch Schafe ist natürlich ein ersatzpflichtiger Schaden, aber eben nicht aus Tierhalterhaftung, sondern aus dem allgemeinen Schadenersatzrecht. Zertrammpeln die Schafe Nachbars Garten jedoch, weil sie trotz geladener 109er Netze vom Wolfe dorthin getrieben wurden, dann greift 833 und beim Schäfer eben 833 2.S.

Da es mir offensichtlich nicht gelingt, diesen Unterschied und damit den Unterschied einer Betriebshaftpflicht mit der Absicherung auch von Schäden durch Tiere und einer Tierhalterhaftpflichtversicherung verständlich auszuarbeiten - gebe ich das jetzt auf. :oberlehrer:
Henry
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