Allgemeine Infos für Schafanfänger / Anschaffungen, Arbeitsaufwand, Kosten etc.

rote zora
Beiträge: 136
Registriert: Fr 23. Feb 2018, 20:46
Wohnort: Bokel
Herdengröße: 9

Re: Allgemeine Infos für Schafanfänger / Anschaffungen, Arbeitsaufwand, Kosten etc.

Beitrag von rote zora »

Moin moin
grade post von der landeswirtschaftlichen Berufsgenossenschaft bekommen. Bin etwas perplex und schnell geschaut, ob ich hier was finde. Hätte ich doch mehr allgemeines gelesen, dann hätte ich das gewusst. Nun weiß ich, da geht kein Weg dran vorbei. ... kann mir jemand sagen, was finanziell (drei Schafe) auf mich zu kommt?
Gruß Julia

ps. Wenn das hier falsch ist, bitte verschieben. Danke
Warte nicht darauf, dass die Menschen Dich anlächeln... Zeige ihnen wie es geht!"
-Pipi Langstrumpf-
die Bucklate
Beiträge: 3
Registriert: Sa 9. Jan 2021, 18:23

Re: Allgemeine Infos für Schafanfänger / Anschaffungen, Arbeitsaufwand, Kosten etc.

Beitrag von die Bucklate »

Wegen diesem Faden hab ich mich hier angemeldet, denn wir überlegen eben, Schafe zu halten. Ich will es aber nur dann tun, wenn´s auch etwas Sinn machen tät und da gibt es jede Menge Fragen und ich tät mich freuen, wenn jemand mit mir sein Wissen, seine Ideen teilen möchte.
Je nach Aufwuchs benötigst Du für die ersten 5-8 Schafe 1 ha,
Das ist ohne Heu, oder?
Und mit der richtigen Beweidung, also "holistic planned gracing"?

Wir haben ca. einen Hektar, davon ist aber nicht alles Wiese. ein kleiner Spielbereich für uns Menschen und ein Gemüsegarten muss da auch Platz haben. Geht das überhaupt? 3 Schafe samt Nachwuchs? weniger macht die Tiere traurig, oder?

Und dann ist der Bewuchs für mich recht ungewöhnlich, ich komme aus einer Gegend mit richtigen Fettwiesen, hier sieht es definitiv anders aus. Viel Blumen in der Wiese, sehr viel Thymian, keine Brennessel. Das ist doch eh besser, oder?
Wir dachten auch daran, an den Rand eine Hecke zu setzen - was könnt ihr mir da empfehlen? Es gibt bereits Fichten, Birken, Apfel- und Nussbäume.

Auf was muss man unbedingt achten? Was sind die ärgsten "Anfängerfehler"?
Benutzeravatar
Steffi
Förderer 2020
Förderer 2020
Beiträge: 1492
Registriert: Do 6. Okt 2016, 16:58
Wohnort: Untertaunus
Schafrasse(n): Walliser Schwarznasenschafe
Kontaktdaten:

Re: Allgemeine Infos für Schafanfänger / Anschaffungen, Arbeitsaufwand, Kosten etc.

Beitrag von Steffi »

Hallo Bucklate,

willkommen im Forum!

Der aus meiner Sicht größte Anfängerfehler: Zu schnell zu viel, zuwenig Plan und gleich züchten wollen.
1ha und drei Schafe kann gut gehen, oder aber auch nicht. Deinen Aufwuchs kann hier niemand beurteilen, das ändert sich oft auch jährlich (ich sag nur: Dürre!) und was letztes Jahr noch für Schafe und Heu gereicht hat, reicht nächstes vielleicht nicht einmal über den ganzen Sommer.
Da hilft nur: lesen, lesen, lesen und sich auch mal mit anderen Haltern unterhalten, treffen (ok, wegen Corona gerade etwas schwierig), aber ich kenne niemanden, der nicht gern über seine Tiere erzählt.
Wenn Du weißt, was Schafe an Grundbedürfnissen haben, kannst Du anfangen zu bauen: Stall/Unterstand, Zäune, Raufen, Tröge... bitte immer auch schlau machen, was örtlich so erlaubt und verboten ist.
Dann mußt Du Dich entscheiden, welche Schafe Du möchtest. Es gibt mehrere Hundert Rassen, mal mehr, mal weniger anspruchsvoll, mit und ohne Wolle, mit und ohne Hörner, von 10-150kg Körpergewicht, in weiß, schwarz, braun, bunt...
Du solltest auch wissen, was Du von den Schafen willst. Sollen die nur das Gras kurzhalten? Willst Du Lämmer zum Schlachten (Eigenbedarf)? Wenn feststeht, daß und welche Schafe Du möchtest, suchst Du Dir jemanden, der eben jene hat. Als Anfänger rate ich Dir, mit einer 3er-Gruppe anzufangen. Sollen die nur mähen, bist Du mit Hammeln gut beraten. Sollen irgendwann auch mal Lämmer kommen, würde ich 3 Mähdels nehmen, evtl. 2 erwachsene, noch nicht zu alte Auen und ein Aulamm (Absetzer). Und dann mach erstmal ein ganzes Jahr. Wenn Du etwas Erfahrung gesammelt hast und Deine Tiere nach einem Jahr noch gut und gesund dastehen, Du den Futterbedarf besser einschätzen kannst, ggf. Kontakt zu einem Bauern geknüpft hast, der Dir mit Heu und Stroh aushelfen kann, dann kannst Du Dir Gedanken machen, wie das mit der Trächtigkeit funktionieren soll. Dazu muß ein Widder her (und auch wieder weg/separiert werden), der aber auch nicht allein gehalten werden sollte. Am einfachsten wäre ein Beistell-Hammel. Die abgesetzten Bocklämmer kannst Du dann auch dazu packen. Bedeutet aber, daß Du schon zwei Schafgruppen hast, die getrennt gehalten werden müssen. Nicht ganz so einfach auf der kleinen Fläche. Oder Du schlachtest den Widder nach der Deckzeit und besorgst Dir jährlich einen neuen. Das muß man mental aber auch erstmal hinbekommen. Von Leihböcken halte ich nichts. Da ist das Risiko recht hoch, daß man munter Krankheiten hin und herreicht.

Das waren mal meine 5 Cent zu den Anfängen. Schafhaltung ist toll und keine Raketenwissenschaft. Aber auch nicht mal "eben so" zu machen, wenn man will, daß es den Tieren dabei auch gut geht.

LG
Steffi
Sheep happens
Catweazle
Förderer 2021
Förderer 2021
Beiträge: 39
Registriert: Fr 3. Jul 2020, 12:52
Schafrasse(n): Ostpreußische Skudden
Herdengröße: 9

Re: Allgemeine Infos für Schafanfänger / Anschaffungen, Arbeitsaufwand, Kosten etc.

Beitrag von Catweazle »

Auf was muss man unbedingt achten? Was sind die ärgsten "Anfängerfehler"?

Bin absolut kein „alter Hase“, kann aber immerhin von meinen Anfängerfehlern berichten :)
1.: Ausschließlich mit scheuen Schafen zu starten (nun weiß ich, WIE scheu Schafe sein können). Selbst der alltägliche Futtereimer half nicht. Abhilfe kam erst durch den Zugang einer „zahmen“ Aue, die jetzt sogar Leitaue ist. Soll heißen sie kam immerhin zum Hafereimer. Das war der Durchbruch - wobei eine Aue immer noch extrem scheu ist (das macht es nicht leichter, denn wenn sie flüchtet rennen alle weg). Eine wurde immerhin etwas weniger misstrauisch, die dritte frisst nun aus der Hand.
2.: Nicht ausreichend viele Hürden (Steckfixhorden) zu haben, die das Engstellen (Trichter)ermöglichen (zB zum Impfen).
3.: Nicht alle Disteln u.ä. von den neuen Weiden entfernt zu haben (die Wolle ist wohl kaum mehr zu gebrauchen).

Ganz sicher gibt es gravierendere Anfängerfehler, das waren nun also meine :schaf2:
die Bucklate
Beiträge: 3
Registriert: Sa 9. Jan 2021, 18:23

Re: Allgemeine Infos für Schafanfänger / Anschaffungen, Arbeitsaufwand, Kosten etc.

Beitrag von die Bucklate »

Danke euch beiden - da hab ich jetzt schon mal ein paar neue Ideen :)

Eigentlich wollen wir "alles" von den Schafen, bis auf "das Gras kurzhalten", das ist weniger wichtig. Ich denke sowieso dass wir die Weide nachmähen müssen.
Ich möchte eine alte, wenn geht lokale Rasse. Da werden wir mal Züchter suchen und der kann uns sicher auch was raten.... Ist das so ähnlich wie bei den Imkern?
Es geht uns nicht primär um "Gewinn machen", das wäre unrealistisch, aber frische Milch und Wollfett (ja, die Wolle auch) - daran hätte ich das meiste Interesse und einfach mehr Leben bei uns. Früher hatten die Leute hier sogar Kühe und ich finde, Weiden sind tolle Lebensräume. Der Dünger ist auch ein Argument! Es ist hier eine landwirtschaftliche Gegend, Heu kann man kaufen oder eventuell eine Wiese pachten. Aber zuerst mal mach ich "brainstorming".
Wieso sind Nutztiere so viel komplizierter als Hunde und Katzen? :neutral:

Daran, dass die Widder von den weiblichen Tieren getrennt werden müssen, hab ich tatsächlich noch nicht gedacht. Kämpfen die sonst oder werden die Weibchen "dauerbelästigt"? Ich war so dumm und dachte, die können gemeinsam gehalten werden.
Ja, wir essen auch Fleisch, von dem her ist Schlachten schon geplant, nur - kann man den Widder nicht wirklich essen, oder doch? Der wäre dann nur Hundefutter?? hm.... Dann lernt unsre Hündin womöglich, dass Schafe lecker schmecken??
Wir mögen Lammfleisch schon gerne, aber einen Widder essen - "geht" das? hm - was tut man mit dem Widder dann?
Benutzeravatar
Steffi
Förderer 2020
Förderer 2020
Beiträge: 1492
Registriert: Do 6. Okt 2016, 16:58
Wohnort: Untertaunus
Schafrasse(n): Walliser Schwarznasenschafe
Kontaktdaten:

Re: Allgemeine Infos für Schafanfänger / Anschaffungen, Arbeitsaufwand, Kosten etc.

Beitrag von Steffi »

Milch gibt es nur mit Lämmern. Die meisten Rassen produzieren gerade ausreichend Milch für ihren Nachwuchs, zum zusätzlichen Abmelken bleibt da nichts Lohnenswertes. Es sei denn, Du nimmst auf Milchleistung gezüchtete Schafe (z.B. ostfriesisches Milchschaf, Lacaune). In der Rasseauswahl bist Du da sehr eingeschränkt und auch was Haltung und Fütterung angeht, sind die nicht so 08/15, wenn Du eine vernünftige Milchleistung willst. Ebenso müßtest Du die Lämmer deutlich früher absetzen und dann separat halten (und mit Milchaustauscher zufüttern). Schafe sind keine Kühe mit tausenden Litern Milchleistung. Wir reden hier von 1-max. 2 Litern am Tag. Rechne Dir selbst aus, wie viel davon die Lämmer brauchen und was für Dich dann übrig bliebe.

Es gibt Rassen, die streng saisonal sind. Da kann man den Widder dauerhaft dabei halten. Setzt aber voraus, daß die Lämmer, auch die weiblichen, rechtzeitig "weg" kommen, damit sie nicht vom eigenen Vater gedeckt werden. Bei den ursprünglichen Rassen schmecken oft auch Altschafe noch ganz passabel, weil die nicht so dazu neigen, viel Fett anzusetzen. Trotzdem sind natürlich 3 Auen deutlich "bedrängter" als wenn sich der Bock um 10+ Mähdels "kümmern" muß.

So ganz die eierlegende Wollmilchsau gibt es auch bei den Schafen nicht. Überlege also, was Dir am wichtigsten ist und zu euren Gegebenheiten paßt.

LG
Steffi
Sheep happens
grauwoller
Förderer 2019
Förderer 2019
Beiträge: 699
Registriert: Fr 2. Dez 2016, 15:44
Wohnort: Rinteln
Schafrasse(n): Rauhwollige Pommersche Landschafe
Herdbuch
Herdengröße: 50

Re: Allgemeine Infos für Schafanfänger / Anschaffungen, Arbeitsaufwand, Kosten etc.

Beitrag von grauwoller »

Das Problem mit dem Bock, der entweder unter "Einzelhaft" leiden muss, oder aber bei Verbleib bei den Auen, nur rumnervt und ein Gefahrenpotential darstellt, könnte man elegant ließen, indem man ein etwas älteres bocklamm kauft, dieses decken lässt und danach schlachtet und aufisst.
Ich würde dir auch empfehlen einen erfahrenen Schäfer mit kleiner Herde zu suchen, bei dem du über die Schultern schauen kannst, idealerweise bei den Lammungen dabei bist, und dir von ihm erklären lassen, warum er was macht. Das bringt wesentlich mehr als Bücher zu lesen, denn du brauchst ja erst Mal einen Grundstock an Praxiserfahrung. Bitte nicht falsch verstehen, aber das meinste über Schafe lernt man am Schaf, und wer Anfänger ist, sollte diesen Lernprozess im Beisein von jemandem mit Erfahrung absolvieren, ansonsten geht es schnell auf Kosten der Schafe....wenn du dein Grundwissen intus hast, kannst du mit Bücherwissen ergänzen

Christoph
Benutzeravatar
Steffi
Förderer 2020
Förderer 2020
Beiträge: 1492
Registriert: Do 6. Okt 2016, 16:58
Wohnort: Untertaunus
Schafrasse(n): Walliser Schwarznasenschafe
Kontaktdaten:

Re: Allgemeine Infos für Schafanfänger / Anschaffungen, Arbeitsaufwand, Kosten etc.

Beitrag von Steffi »

Wie gesagt: Der größte Anfängerfehler m.E. ist, gleich mit Trächtigkeiten, Geburten und Lämmeraufzucht loszulegen, bevor man überhaupt erst rudimentäre Erfahrungen mit der Tierart "Schaf" hat.
Das läuft einem ja alles nicht weg, wenn man nicht gleich im ersten Jahr damit anfängt, mit etwas Erfahrung läuft es dafür hinterher umso besser und man steht nicht permanent unter Strom, weil man nicht einmal einschätzen kann, ob gezeigtes Verhalten normal ist oder mit der Trächtigkeit in Zusammenhang steht. Widder (auch Bocklämmer) gibt es jedes Jahr zuhauf zu kaufen.

Das mit dem Bocklamm ist mir auch durch den Kopf gegangen. Bis 12 Monate darf das Schaf ja offiziell noch "Lamm" heißen. Und drei Schäfkes schafft so ein kleiner Kerl auch schon. Bleibt dennoch die Frage, wohin mit den abgesetzten Bocklämmern aus eigener Zucht, damit die nicht ihre Mütter und Schwestern decken. Sobald man an Vermehrung denkt, kommt man mit einer Weide nicht mehr aus.

Bücher finde ich immer gut, weil man gerade als Anfänger bzw. totaler Laie nicht gut einschätzen kann, ob der Schafhalter, den man um Rat fragt, auch einer der "Guten" ist. Man sieht ja schon hier im Forum, wie weit das Spektrum da ist :lol: Und mittlerweile gibt es ja auch schon ein paar gute Bücher für Kleinhalter.

LG
Steffi
Sheep happens
Fenja
Förderin 2024
Förderin 2024
Beiträge: 180
Registriert: Di 16. Jun 2020, 21:25
Wohnort: Flomborn
Schafrasse(n): Coburger Füchse
OFM
Herdengröße: 5

Re: Allgemeine Infos für Schafanfänger / Anschaffungen, Arbeitsaufwand, Kosten etc.

Beitrag von Fenja »

". Bleibt dennoch die Frage, wohin mit den abgesetzten Bocklämmern aus eigener Zucht, damit die nicht ihre Mütter und Schwestern decken. Sobald man an Vermehrung denkt, kommt man mit einer Weide nicht mehr aus."

Kastrieren ?
:Kuh:
Benutzeravatar
Steffi
Förderer 2020
Förderer 2020
Beiträge: 1492
Registriert: Do 6. Okt 2016, 16:58
Wohnort: Untertaunus
Schafrasse(n): Walliser Schwarznasenschafe
Kontaktdaten:

Re: Allgemeine Infos für Schafanfänger / Anschaffungen, Arbeitsaufwand, Kosten etc.

Beitrag von Steffi »

Kastrieren wäre eine Möglichkeit. Erfordert, wenn´s legal sein soll, etwas Kenntnis und Knowhow (wenn man´s selbst macht) oder kostet eben (wenn´s der Tierarzt macht). Und man muß es auf jeden Fall früh genug machen. Wäre nicht der erste 4-monatige Knirps, der für Überraschungen sorgt :lachma:

LG
Steffi
Sheep happens
Antworten