Verdauungsprobleme beim Schaf

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Babs
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Verdauungsprobleme beim Schaf

Beitrag von Babs »

geschrieben vom Redaktonsteam am 12.02.2007 auf Schaf-Foren.de

Verdauungsprobleme beim Schaf
Das Erkennen von Verdauungsproblemen ist nicht immer einfach. Deutliche erste Zeichen sind ein verändertes Allgemeinverhalten, auffällige Körperhaltung und vor allem Zurückhaltung beim Fressen bis hin zur Futterverweigerung. Sehr wichtig ist zu wissen, ob der Pansen seine Tätigkeit eingestellt hat oder nicht. Kaut das Schaf wieder? Kann man Pansengeräusche hören? Wenn ein Schaf Anzeichen von Verdauungsproblemen zeigt, kann man als Schafhalter einige gute Dinge tun, die Linderung schaffen können, man kann aber auch Grundlegendes falsch machen, was im schlimmsten Fall zum Tode des Tieres führt.

Vielfach hilft eine genaue Beobachtung seiner Tiere, um eine Ursache der Störung zu finden. Sind die Tiere auf eine neue Weide gekommen, oder ggf. ausgebrochen? Gibt es dort, wo das Schaf zuletzt gefressen hat, irgendwelche Pflanzen, die dir aufgefallen sind? Interessant sind z. B. sehr hoher Kleeanteil oder andere eiweißreiche Futterpflanzen, Zierpflanzen, Hecken, aber auch wild vorkommende Giftpflanzen. Sind in der Gegend, in der das Schaf zuletzt gefressen hat, evtl. vorher Pflanzenschutzmittel angewendet worden? Hat das Tier sich Zugang zum Kraftfutter verschafft und ggf zu viel davon aufgenommen? Gibt es Hinweise, daß von anderen Leuten unkontrolliert gefüttert wurde- hier ist von Bedeutung: was wurde gefüttert und in welchen Mengen?

Wie zeigt sich das Problem beim Schaf? Ein aufgetriebener Bauch auf der linken Seite deutet auf eine Störung im Pansen hin- ist die rechte Körperseite auffällig dick, kann ein Problem im Labmagen oder im Darm liegen.

Den Pansen kann man auf der linken Seite des Schafs hinter dem letzten Rippenbogen ertasten. Er füllt fast den ganzen Bereich bis zu der linken Keule aus. Wenn man den Pansen ertastet, so fasst sich dieser fest und elastisch an, jedoch nicht hart. Wenn man den Eindruck hat, dass sich die Haut regelrecht darüber spannt, kann davon ausgegangen werden, dass der Pansen gebläht ist. Bei einem geblähten Pansen muss man nun noch 2 verschiedene Arten der Blähung unterscheiden.

Zum einen kann es eine Störung sein, bei der im Pansen übermäßig Gas von den Bakterien produziert wird, das sich dann in einer auffällig großen Gasblase an der oberen Pansenwandung sammelt- eine kleinere Gasblase dort ist normal, es handelt sich um die so genannte dorsale Gasblase. Normalerweise wird das sich im Pansen bildende Gas beim Wiederkäuen ausgerülpst- ist jedoch dieser Ablauf gestört, so sammelt sich das Gas und der Pansen nimmt übermäßig viel Raum in der Bauchhöhle ein, was die anderen Bauchhöhlenorgane einschränkt. Wenn man die Hand auf den Pansen legt, kann man bei einem gesunden Schaf die Bewegung des Pansens fühlen- er bewegt sich, als zöge eine Art Welle über dessen Oberfläche- dies bezeichnet man daher auch als Pansenwelle. Solange die Pansenwelle vorhanden ist, kann der Tierhalter zunächst selber versuchen das Wiederkäuen und damit das Abrülpsen herbei zu führen. Ein in vielen Fällen wirksames Mittel, ist die so genannte Pansen- Stimulanz. Es gibt verschiedene Pansenstimulanzien. Einige Mittel enthalten getrockneten Pansensaft von Schafen, andere sind mineralischer Basis. Als Hausmittel kann auch ein Kräuterbitter zur Not verwendet werden ( z.B. Underberg) , die Bitterstoffe regen die Pansenmotorik an. In jedem Fall regen sie das Schaf zum Wiederkäuen an, sofern nicht eine andere schwerwiegende Störung vorliegt, die dies verhindert. Hat man mit der Behandlung keinen zügig eintretenden Erfolg, sollte man umgehend einen Tierarzt zu Rate ziehen, und ihm auch von der Vorbehandlung mit Pansenstimulanz berichten.

Eine weitere Form der Pansenblähung ist die der kleinschaumigen Gärung- sie tritt vor allem nach dem Abweiden von Flächen mit einen hohen Gehalt an Eiweißpflanzen wie Rotklee z.B. auf und kann innerhalb kürzester Zeit zum Tode des Tieres führen. Typisch für die kleinschaumige Gärung ist, dass obwohl der Pansen fühlbar aufgetrieben ist, keine Gasblase beim Abklopfen zu hören ist.

Da die wenigsten Schafhalter die richtigen Mittel in ihrer Stallapotheke haben, um dies zu behandeln, sollte man schnellst möglich einen Tierarzt zu Rate ziehen. Eines der bekannten Hausmittel, mit denen der Schafhalter evtl. seinem Schaf helfen kann, falls der Tierarzt nicht kurzfristig zur Stelle sein kann, ist eine kleine Dosis Pflanzenöl (ca. 30ml), die dem Schaf per Drencher eingegeben wird. Diese soll die Oberflächenspannung des Panseninhaltes soweit herabsetzen, dass die kleinen Gasbläschen zerplatzen und sich zu einer großen Gasblase vereinigen. Diese ist dann wieder vom Schaf abrülpsbar.

Zeigt das Schaf dagegen deutliche Schmerzanzeichen, wie aufgezogenen Rücken und Zähneknirschen ohne das eine deutliche Blähung des Pansens fest zu stellen ist, kann man evtl. aus der Vorgeschichte ableiten, was die Ursache für die Störung ist.

Hat das Schaf vorher eine große Menge an stärkehaltigen Futtermitteln aufgenommen, so kann eine Azidose vorliegen. Die Kohlenhydrate im Futter wurden von den Pansenbakterien in großer Menge zu (Milch)Säure abgebaut, so dass der ph Wert im Panseninhalt sinkt. Die vom Körper aufgenommene Säure kann anfangs noch im Körper kompensiert werden. In fortgeschrittenem Zustand kann die Säure nicht mehr vom Körper umgesetzt werden. Wird eine solche Azidose nicht umgehend behandelt, so führt sie zu massiven Schäden im Verdauungstrakt des Schafs so wie in weitere inneren Organen, an denen das Schaf sterben kann. Den ph Wert im Pansen kann man kurzfristig mit speziellen Futterzusatzstoffen (zB Antazida wie Bykodigest) anheben. In jedem Fall sollten stärkehaltige Futtermittel danach gemieden werden.

Bei einer Aufnahme von zu eiweißhaltiger und strukturarmer Kost kann eine Pansenalkalose auftreten. Durch einen gestörten Ablauf der Vormagenverdauung kommt es zu einer übermäßigen Ammoniak Produktion. „zu eiweißhaltig“ kann heißen, das Verhältnis von Kohlenhydraten zu Proteinen im Futter stimmt nicht. Ähnlich kann sich ein zu hoher Schmutzanteil im Futter, speziell in Silage auswirken. Durch den Schmutz und die hierin zugeführten Bakterien, wird die gesunde Pansenflora und -fauna gestört, so dass eine normale Pansenverdauung nicht mehr möglich ist. Das Verfüttern von verfaultem, gefrorenem oder fehl gegorenem Futter, kann zu einer Pansenfäulnis führen, die ebenfalls mit einer Pansenalkalose einhergehen kann. Die Anzeichen für eine Alkalose sind Appetitlosigkeit, fehlendes Wiederkäuen, Ausbleiben der Pansenbewegung, stinkender Durchfall- zum Teil kann man im Atem der Tiere den stechenden Ammoniakgeruch erkennen. Bleibt dieser Zustand länger bestehen, kommt es zu schweren Leberschäden. Der Tierarzt kann einen genauen Nachweis über die Untersuchung des Pansensaftes vornehmen.

Besteht seitens des Schafhalters der Verdacht auf Alkalose, so sind als erstes die Ursachen abzustellen- das heißt man benötigt eine schafgerechte Futterration aus einwandfreien Futtermitteln. Eine schafgerechte Futterration muss in erster Linie aus Strukturfutter bestehen- also Heu/ Silage und Stroh in einwandfreiem Zustand ad libidum, so wie sauberes Trinkwasser zur freien Verfügung! Kraftfuttermittel dürfen beim Schaf nur einen geringen Anteil der Futterration ausmachen. Zur genauen Zusammenstellung der Futterration bitte den im Downloadbereich angebotenen Futterrechner verwenden. In leichten Fällen reicht dies bereits zur Behandlung aus.( Anmerkung: da die wenigsten Schafhalter ihrem Tier wissentlich etwas füttern würden, was objektiv von schlechter Qualität ist, muss auch hier wieder die Frage nach der Ursache in einer Fremdfütterung gestellt werden – haben vielleicht „Zaungäste“ ohne bösen Hintergrund verdorbenes Gemüse, oder ähnliches verfüttert? Findet man in der eigenen Fütterung keine Ursache, sollte man also auch das Gelände, auf dem die Schafe stehen, untersuchen) In schwereren Fällen, in denen es durch länger anhaltende Alkalose bereits zu massiveren Gesundheitsstörungen bis hin zu Lähmungserscheinungen kommt, muss dringend eine Behandlung durch den Tierarzt erfolgen. Weitere Ursachen für Verdauungsprobleme:

Störungen des Darms und des Labmagens sind in der Regel nur vom Tierarzt genau zu diagnostizieren.

Eine Darmentzündung kann durch verschiedene, krank machenden Keimen verursacht werden und bedarf nahezu immer einer antibiotischen Behandlung.

Labmagenentzündungen und –erweiterungen können durch Verlegen des Labmagenausgangs entstehen. Die Verlegungen können durch Fremdkörper (z.B. Bezoare aus Haaren oder unverdaulichen Pflanzenteilen) entstehen oder aus Tumoren in der Labmagenschleimhaut. Selten treten auch Labmagenverdrehungen auf. Alles in allem sind dies Ursachen, die i.d.R. nur ein Tierarzt feststellen kann, daher sollte bei dem Verdacht auf eine Labmagenproblematik (aufgetriebene rechte Bauchseite, Verdauungsprobleme ohne von Halter lokalisierbare Ursache) das betroffene Tier in jedem Fall umgehend einem Veterinärmediziner vorgestellt werden.
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