Abmagerung nach Bolusgabe

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Edwin
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Abmagerung nach Bolusgabe

Beitrag von Edwin »

Mein ältestes Rhön-Mutterschaf hat Probleme und ich weiß nicht mehr weiter. Am 17. Dez. 21 bekam es eine Bolusgabe (Allsurebolus) + Entwurmung mit Panacur. Eine Woche später saß es da und fraß schlecht. Der Versuch mit Stulmisan Pansenstimulanz brachte ein Abhusten mit sabbberndem Auswurf. Seither steht es da, frisst schlecht, hustet beim spärlichen Fressen... und magert ab.
Die Ursachensuche brachte bis heute nicht wirklich Erfolg, vielleicht , so dachte ich bis fast zuletzt, ist zu spät entwurmt worden, Fakt ist der Selenmangel auf der Weide, darum die Bolusgabe, nach 3 Wochen Wiederholung der Entwurmung mit dem vorhandenem Rest Panacur. In der vorigen Woche die volle Gabe von der Tierärztin, Vitamin B Komplex, Antibiootika und noch eine Vitamingabe.
Bis dahin (fast) tägliche Gabe mit Stulmisan-Pansenstimulanz.
Der Stand ist ein ständiges Wechselspiel, heute besser, frisst etwas Heu und nascht an dem Gemisch aus Mais und Schafpellets, am nächsten Tag sitzt es und will nichts fressen, am Tag darauf denkt man es erholt sich, um am nächsten Tag wieder lethargisch da zu stehen.
Heute hab ich es zur Dauerbeobachtung nach Hause geholt, hier hat es alles, Heu, Wasser, Mais/Pellets und ...Brombeerblätter. Die fraß es erstaunlicher Weise mit Genuss! Ich dachte Grünes tut gut, bin zur nahen Ansaat und habe Getreidesaat gereicht. Das verschmäte das Tier völlig!
Nach Hause geholt habe ich es, weil ich ein mögliches Krankheitsbild im Winkelmann/Ganter gelesen habe : Lungenadenomatose . Nach gründlicher Studie und Beobachtung am Schaf zweifele ich das aber stark an. Vielmehr habe ich einen anderen Verdacht: Das Schaf hat etwas im Verdauungstrakt, vielleicht schon an der Speiseröhre oder am Netzmagen, in dem der Bolus eingelagert ist und seine Langzeitwirkung vollziehen soll. Ev. ein Geschwür oder sowas, was dieses Husten und Würgen beim Abschlucken verursacht, denn ausschließlich beim Abschlucken oder beim Ansatz zum Wiederkauen tritt dieser tiefe Husten auf.
Nun muss ich abwarten, nur wie bekomme ich das Schaf über die Zeit, denn auf Grund der Medikamente kann ich nicht von Mitte Februar notschlachten...
Hat jemand eine Idee was Brombeerblätter ersetzen kann?
fisch_otter
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Re: Abmagerung nach Bolusgabe

Beitrag von fisch_otter »

Hallo Edwin,
mal abgesehen davon, dass man nicht weiß, ob Dein Schaf verwurmt ist/war und vor allem wenn, ob Panacur überhaupt noch wirkt hast Du doch den Lösungsansatz in Teilen selber gefunden: Brombeerblätter sind top, viel Mineralstoffe. Wenn es davon eine gute Menge frisst kannst Du schon mal froh sein. Super wäre auch, wenn Du an Brenessel-Heu kämst, wird es sicher auch nehmen. Alles in Richtung Kraftfutter würde ich sehr sehr vorsichtig einsetzen. Du kannst es auch mal mit Fichte, Tanne, Douglasie probieren. Ebenso Laubheu.
Wegen der Verwurmung: wenn das ernsthaft Dein Verdacht ist, würde ich einfach eine Kotprobe nach Hannover schicken. Dann weißt Du es.
Ich drück' Euch die Daumen
Marc
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KABA
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Re: Abmagerung nach Bolusgabe

Beitrag von KABA »

Zur eigentlichen Problematik weiß ich auch keinen Rat, aber: Panacur?? wo hast du das denn noch her, dass das nix mehr bringt, sollte inzwischen jeder Tierarzt wissen. Hast du Kotproben untersuchen lassen, vorher/nachher? Hier ist ein interessanter Text: https://www.thtsk.de/downloads/schgdInf ... mpfung.pdf

Dass (besonders kranke) Schafe Brombeerblätter oft sehr gerne nehmen, weiß ich - warum, weiß ich nicht. Für menschliche Behandlung wird u.a. dies beschrieben: Die Heilwirkung von Brombeerblättern ist adstringierend und antioxidativ. Aus diesem Grund wird das Trinken eines Brombeerblättertees zum Beispiel bei leichten Durchfallerkrankung empfohlen. In der Volksmedizin hatte der Tee seine Anwendung bei chronischer Blinddarmreizung, Atemwegserkrankungen, Hautausschlägen sowie zur Blutreinigung und bei Diabetes mellitus. Wegen der schleimlösenden Eigenschaften kann man Brombeerblätter auch gegen Verschleimung im Bereich der Atmungsorgane verwenden.
Wenn du welche hast, gib sie ihr, das kann die Fresslust ja nur anregen. Das Gute ist ja, dass sie auch jetzt im Winter vorhanden sind.
Für die medizinischen Fragen hat vielleicht Henry passende Antworten? :wink:
Ich wünsche dir die Fröhlichkeit eines Vogels im Eberescheneschenbaum am Morgen,
die Lebensfreude eines Fohlens auf der Koppel am Mittag,
die Gelassenheit eines Schafes auf der Weide am Abend.
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peter e.
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Re: Abmagerung nach Bolusgabe

Beitrag von peter e. »

Ich vermisse einen Blick in die Augen: wenn sie zu weiß sind, also keine roten Blutäderchen zu sehen sind: Blutarmut.
Wenn Schafe wild auf Brombeeren sind ist zu unterstellen, dass sie verwurmt sind. Ich würde - wie schon von KABA angeregt - auf Kotprobe gehen und da besonders auf haemonchus c.
peter e.

Auch dem Schwächsten ist ein Stachel gegeben -
sich zu wehren.

frei nach Schiller
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Henry
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Re: Abmagerung nach Bolusgabe

Beitrag von Henry »

Die Anwendung von Panacur am Schaf ist in aller Regel wirkungslos und wiegt den Anwender in trügerischer Sicherheit. Generell ist eine Wirksamkeitskontrolle nach einer Entwurmung angezeigt. Dort sehe ich den ersten Ansatz.

Wenn die Problematik in zeitlichem Zusammenhang mit dem Setzen eines Bolus aufgetreten ist und die tierärztliche Versorgung auf einem Niveau stattfindet, auf dem Panacur überhaupt und im Zweifel mehrfach eingesetzt wird, steht zu befürchten, daß auch das Setzen des Bolus nicht fehlerfrei durchgeführt wurde. Vielleicht ist nicht der Inhalt und die Lage des Bolus das Problem, sondern womöglich hat das Schaf (oder ein anderes) auf den Bolusgeber gebissen und dort verletzende Grate erzeugt oder er wurde schlicht falsch angewandt.

Die Lage des Bolus kann mittel Röntgen am stehenden Tier gut nachgewiesen werden. Mittels Kontrastmittel läßt sich auch der Verdauungsweg bis in den Pansen darstellen. Möglicherweise werden so Obstruktionen gefunden. Eine Endoskopische Untersuchung des Ösophagus kann - wie das Röntgen - beim Pferdetierarzt durchgeführt werden. Ich rate dazu, weil dabei auch therapiert werden kann.
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Edwin
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Re: Abmagerung nach Bolusgabe

Beitrag von Edwin »

Vielen Dank für Eure Antworten.
Im Sommer hatte ich bei einem weiteren Tier nach Panacur eine Probe nehmen lassen, diese erwies sich als wurmfrei.
Die Augen sind klar, kein Nasenausfluss, lediglich die Augen tränen ab und an etwas, aber nicht stark.
Habe selbst die Bolusse bei 11 Tieren gegeben, erstmalig, und war überrascht, wie unterschiedlich sich die Anatomie der Individuen vor allem in der Altersstaffelung verändert. Fazit, je älter das Tier, um so tiefer muss der Bolusgeber in den Rachenraum geschoben werden.
Bei dem besagten Mutterschaf war es am schwierigsten, ich musste mehrere Anwendungen vornehmen, immer wieder gelangte der Bolus zwischen die Backenzähne, war aber augenscheinlich nicht kaputt. Jetzt bin ich darüber im Zweifel.
Henry, gibt es Abbildungen, wie die Lage eines Bolus im Netzmagen auszusehen hat? Habe gestern abend mal den Pansenbereich abfühlen wollen, das bereitete dem Schaf großes Unbehagen.
Edwin
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Re: Abmagerung nach Bolusgabe

Beitrag von Edwin »

Stomasel Pansenstimulanz, nicht Stulmisan, ach die Wirren des Gehirnskastens... :drama: :)
Hab jetzt die Tierarztalternative, einen "alten Hasen" angerufen, hat leider kein Endoskop, aber mobiles Röntgengerät, so wird (leider erst) nächsten Dienstag in der Hinsicht schon mal was unternommen...
Bis dahin...
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Henry
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Re: Abmagerung nach Bolusgabe

Beitrag von Henry »

Wenn keine Würmer da sind, wird selbst die Gabe von Apis D30 anschließend eine wurmfreie Kotprobe ergeben.

Nichtgebrochene Knochen heilen durch Handauflegen binnen weniger Minuten und das sogar so perfekt, daß später nicht mal ein Frakturspalt sichtbar bleibt.

...

Panacur ist seit mindestens 15 Jahren durch breiteste Anwendung auch am Heimtier extrem von Resistenzen betroffen. Würde es nicht immer wieder auch ins Schaf gekippt, würde sich diese Resistenz auch mal wieder verloren haben, weil sie keinen genetischen Vorteil mehr darstellt. Leider, leider wird diese Resistens immer wieder aufgefrischt. Gerade vom kleintierbetreuenden hochschulgebildeten Fachpersonal.

Wenn Du schon den Verdacht einer Verletzung bei der Boluseingabe hast, dann ist eine Röntgenuntersuchung nicht zielführend. Eine Endospokie beim Pferdetierarzt ist dann angesagt. Der kennt sich mit Abszessen in der Speiseröhre aus und kann sie vor allem auch im Rahmen der Untersuchung behandeln.

Ein Blutbild zur Abklärung einer Inkektion ist zudem sinnvoll.

Es gehört zu den beschriebenen Komplikationen bei der Bolusgabe, daß es zu Verletzungen der Schleimhaut kommen kann. Insbesondere, wenn kein Gleitmittel benutzt wird oder die Tiere stark abwehren. Werden Keime anderer Schafe auf diese Weise angesiedelt, führt das zu einer Lokalreaktion. Beim Schlucken drückt diese Schwellung oder der Abszeß auf die Luftröhre. Das wäre eine mögliche Erklärung.
Henry
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Re: Abmagerung nach Bolusgabe

Beitrag von Edwin »

Henry hat geschrieben: Mi 19. Jan 2022, 09:34 ... Eine Endospokie beim Pferdetierarzt ist dann angesagt.
Beim Schlucken drückt diese Schwellung oder der Abszeß auf die Luftröhre. Das wäre eine mögliche Erklärung.
Man Henry, hier an der bolnischen Grense ist es nicht so einfach, einen so technisierten Hippokraten zu finden! :o:

Den Verdacht in dieser Richtung habe ich auch, das Abhusten beim Schlucken deutet darauf hin.

Die Wurmmittelgabe war turnusmäßig fällig und auch die Vitamingabe am Einzelschaf kostet kleines Geld. Der Rest der Herde ist topfit, das war zu Jahrsebeginn des letzten Jahres nicht so. Ich habe daraufhin prophylaktisch gehandelt und bin nun dabei, den allgemeinen Status der Weide+ Herde zu klären. (Selen)boluse waren ein wichtiger Baustein dahin.
Der Fall hier tanzt mir aus der Reihe. Aber gut darüber zu reden.
Edwin
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Re: Abmagerung nach Bolusgabe

Beitrag von Edwin »

Gestern kam mir dann doch die zündende Idee und hab im Tierpark Cottbus angerufen, die müssen ja wissen, wer sich nen Elefanten von innen angucken kann. Und tatsächlich verwies mich deren Haus-Tierarzt dann auf einen Pferdeendoskopen. Der allerdings ist mega ausgelastet, will mich aber nachher trotzdem kontaktieren, um die Umstände und alles weitere vorab abzuklären.
Nun bin ich mal gespannt, vor allem was das Kosten-Nutzen Verhältnis anbelangt. Nachdem Gudrun wieder mal schlecht fraß und blöde drein schaute haben wir beinahe mit dem Gedanken gespielt, das Schaf aufzugeben. Beim Abendbesuch kam sie mir jedoch entgegen und fraß wieder, gewohnt selektiv, aber stetig Heu.
Davor habe ich versucht zu ertasten, ob der Bolus oder was auch immer vielleicht schon fühlbar in der Speiseröhre sitzt und hatte den Eindruck, tatsächlich eine kleine Verhärtung zu spüren, die ich dann wegmassiert bekam. Danach hustete und rülpste sie ab und fraß erneut.
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