Moderhinke

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grauwoller
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Re: Moderhinke

Beitrag von grauwoller »

Wir reden hier über eine nur aufwändig zu bekämpfende hochinfektiöse Klauenerkrankung, ohne dass es eine fundierte Diagnose gibt. Es gibt zwar Leute mit Moderhinke - Erfahreung, wie z.B. Prof Ganter, die die Erreger am Geruch erkennen, aber diese Fähigkeit haben wohl die wenigsten von uns. Erst wenn das Ergebnis einer Tupferprobe Moderhinke ausweist, sollte man sich diesen ganzen Aufwand antun. Wenn dem so ist, macht es evtl. auch Sinn, mit dem Staubsauger an der Stelle, wo man dem Tier die Klauen geschnitten hat, diesen Langzeitinfektionsherd zu eliminieren. Den Stall zu entmisten, den Mist schaf-fern zu entsorgen und den Stall zu desinfizieren, wären Maßnahmen, die dann auch Sinn machen würden. Dass derjenige Schafhalter, der Moderhinke in der Herde hat, mit Klauenbädern arbeitet, ist erklärbar, folglich sieht man auch vermehrt Klauenbäder dort, wo Schafe hinken. Klauenbäder in gesunden Herden machen aber auf jeden Fall auch Sinn, die Klauen werden härter und somit weniger empfänglich für Erreger. Ich habe mir angewöhnt, jeden Neuankömmling in die Herde, und jedes Tier welches auf einer Veranstaltung mit anderen Schafen war, erst ins Klauenbad zu stellen. Mein Schafscherer muss, bevor er bei mir loslegt, auch erst mal ins Klauenbad. Allerdings erlaube ich ihm, dabei seine Schuhe anzubehalten.

Christoph
moony
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Re: Moderhinke

Beitrag von moony »

das stimmt, eine Tupferprobe könnte eine vom Labor abgesicherte Diagnose bringen.
Die Frage ist, ob sich das für mich lohnt. Gegen Infektionskrankheiten mit ähnlichen Symptomen sind die Impfungen auf aktuellstem Stand (Blauzunge isb.), Am Kronsaum ist nichts, keine erhöhte Temp./Schwellung o.Ä. Auffällig war, dass alle 4 Zwischenklauenspalten gleich aussahen, in unterschiedlichen Stadien: von haarlos gerötet zu glibberig moddrig riechende graue Masse. Nach Gespräch mit TA hat sie das Spray aufgeschrieben und innerhalb eines Tages war das Tier nicht mehr lahm, nur der Zwischenklauenspalt ist haarlos und das vormal graue, ehemalige Klauenmaterial bröckelt weg, das ist das einzige woran man sieht, dass da was war.


Da meine Herde nicht komplett aus sicher MH freien Beständen kommt und hier die Böden sehr schwer sind, tendiere ich dazu, die Behandlung trotz nicht-abgeschlossener Laboruntersuchung bei allen Tieren durch zu führen, so viele sind es ja noch nicht, ich bin erst noch im Herdenaufbau. Schaden kann es nicht. Dann weiß ich für mich zumindest, dass auch stumme Infektionsträger aus Betrieben, von denen ich weiß, dass MH sporadisch vor kommt, die sich aber vielleicht erst in ein paar Jahren äußern würden, an Virulenz einbüßen werden. Mit in Zukunft durchgeführten Quarantänemaßnahmen sollte ich dann hoffentlich das Risiko minimiert haben, dass noch etwas passiert. Sollte dennoch etwas auftreten werden TA und Labor konsultiert, um einen angemessenen Managementplan zu erstellen.

EDIT
Die Flächen, auf denen die unbehandelten Tiere standen und das kranke, werden 3 Monate brach liegen, das sollte im Winter ausreichen (lt. Angaben Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen kann der primäre Erreger außerhalb des Klauenmaterials nur maximal 4 Wochen überleben und kommt auch nur in Klauenmaterial von infizierten Tieren vor. Der zweite Erreger ist zwar wohl ubiquitär, löst ohne den primären Erreger aber keine Infektion aus). Den Mist werde ich gesondert entsorgen und nicht zum Düngen verwenden.
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Henry
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Re: Moderhinke

Beitrag von Henry »

Ich denke, Du übertreibst. Oberflächliche Antibiose hat das Problem beseitigt.

Die trockene, anatomisch sauber konturierte Klaue erkrankt nicht. Die wenigste Arbeit machen Herden, die zu oft umgedreht werden. Das kostet im Kleinbestand nix. Eng wird es, wenn die Klauen erst beim Hinken angefaßt werden. An solche Kollegen wenden sich FootVax und Badhersteller. Dabei ist ein Härten der Klauen kein sinnvolles Ziel. Wer sowas propagiert, muß einfach mal eine Formaldehyd-Herde sauber und gefühlvoll schneiden. Gesundes Klauenhorn braucht nix. (Bestenfalls bißchen Schuhcreme mit Seidenglanz vor der Ausstellung)
Henry
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Re: Moderhinke

Beitrag von grauwoller »

Wenn es denn wirklich Moderhinker ist, wäre es fahrlässig zu glauben, man könne mit perfekt gepflegten Klauen, die Ausbreitung stoppen. Trockene Klauen kann ich ja auch nur dann gewährleisten, wenn ich die Tiere aufstalle, oder auf eine Fortsetzung der Dürre hoffe. Aus meinher Sicht muss erst mal abgeklärt werden, obs Moderhinke ist, oder nicht. Es ist schon klar, dass ein Klauenbad alleine nicht die einzige Lösung zu Bekämpfung ist, aber in Kombination mit regelmäßiger Klauenpflege halte ich es durchaus für sinnvoll. Liegt Moderhinke vor, komme ich um ein systhemisches Antibiotika nicht herum, die äussere Anwendung meinetwegen noch zusätzlich. Und dann, wir haben ja jetzt Übung in solchen Dingen, macht man sich bewusst, wo das infizierte Tier schon überall rumgetrampelt ist, und unheilvolle Fussabdrücke hinterlassen hat.

Christoph
moony
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Re: Moderhinke

Beitrag von moony »

Das scheint ein Thema zu sein, bei dem es viele Meinungen gibt.
Was da richtig und falsch ist, kann ich nicht beurteilen. Herzlichen Dank für die vielen, unterschiedlichen Tipps!

Spannenderweise hatte ich eine Woche bevor das Tier angefangen hat zu lahmen bei ihr die Klauen geschnitten. Die Klauen selber waren also in einem Top Zustand, auch nicht seltsam verwachsen oder so (manchmal knickt ja der Tragrand seltsam ab und führt zu Taschenbildung die man dann auf kosten des Tragrandes weg schneidet. Deshalb hatte ich das Tier zwei Tage nachdem es angefangen hatte zu lahmen auch umgedreht und kontrolliert, manchmal übersehe ich Taschen oder beim Ausschneiden von Taschen nehme ich zuviel Tragrand weg und das Tier kann sein Gewicht nicht richtig verlagern. Das Tier hatte vorne eine Tasche die ich weggeschnitten habe, aber das erschien mir nicht der Grund fürs lahmen).
Es hatte einmal geregnet, die Tiere haben einen Unterstand und die Besatzdichte ist sehr niedrig. Die Erkrankung startete Im Zwischenklauenspalt in dem behaarten Teil und breitete sich von da aus auf die obere innere Hornwand aus, also von oben nach unten. Jetzt, wo die Antibiose mit dem Spray sehr gut geholfen hat, bröckelt etwas von dem unterwanderten Horn auf der Innenseite ab, jedoch von oben herunter. In dem Fall war das also durch Klauenpflege scheinbar nicht beeinflussbar.
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Henry
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Re: Moderhinke

Beitrag von Henry »

Modderhinke benötigt einen infizierenden Kontakt der Erreger mit aufgeweichtem toten Gewebe und zudem mindestens zeitweise Luftabschluß. Das gelingt besonders gut, wenn eine Klaue als Einroller lang auswächst und der der Klauenspalt sich nicht sauber läuft.

An der Stelle setzt die Klauenpflege an.

Der Klauenschnitt am modderhinkekranken Tier, deckt fehlende Klauenpflege auf. Ich hatte jedenfalls noch nie Hinke in Beständen mit zyklischer Klauenpflege aller Tiere. Praktisch immer waren jedoch in Hinkebeständen die Klauen unzureichend gepflegt.
Henry
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Re: Moderhinke

Beitrag von grauwoller »

Ich gebe dir insofern recht, Henry, dass ungepflegte Klauen empfänglicher für Moderhinke sind. Hier haben wir aber den Fall, dass angeblich Moderhinke im Bestand angekommen ist. Die Halterin gibt an, dass die Klauen in gutem Pflegezustand sind. Wenn man jetzt deiner Theorie Glauben schenkt, dass eine gepflegte Klaue keinen Angriffspunkt für Moderhinke bietet, dann dürfte man sich ja jetzt entspannt zurücklehnen, und sich in Sicherheit wähnen. Wenn die Erreger aber erst mal da sind, ist es meiner Meinung nach, mit der Sicherheit vorbei. Wie auch immer es passieren konnte, dass moony trotz gewissenhafter Klauenpflege, mit Moderhinke bestraft wird, die Errreger sind in der Herde, und darauf muss reagiert werden

Christoph
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Re: Moderhinke

Beitrag von Chrigula »

Es wurde ja schon Einiges geschrieben, ich gebe nun aber auch noch meinen Senf dazu.

Bei uns ist Moderhinke immer mal wieder Thema. Ich wohne in der Schweiz in einem Kanton in welchem es nur moderhinkesanierten bzw. moderhinkefreien Betrieben erlaubt ist, die Tiere auf der Alp zu sömmern. Da wir unsere Tiere im Sommer auf die Alp geben, ist es für mich daher zwingend nötig, moderhinkefrei zu sein. Ich bin im Moderhinke-Sanierungsprogramm des BKG (Beratungs- und Gesundheitsdienst für Kleinwiederkäuer) und erfahre dort eine sehr gute Betreuung und Beratung (nicht nur zum Thema Moderhinke).

Wie bereits vorgeschlagen würde ich vorgängig mittels Tupferprobe feststellen lassen, ob du wirklich Moderhinke im Bestand hast. Falls ja, dann musst du unbedingt die gesamte Herde sanieren. Auch Tiere, bei denen augenscheinlich nichts zu sehen ist, können den Moderhinke-Erreger in sich tragen.

Ich persönlich würde die Klaue nicht täglich einsprühen. Nachdem die Klauen sauber zurückgeschnitten wurden, wäre mein Mittel der Wahl ein Klauenbad und zwar wöchentlich über einen Zeitraum von sechs bis acht Wochen! Dabei ist darauf zu achten, dass du ein Standbad machst, in welchem die Schafe 5 bis 10 Minuten stehen.
Der BGK hat zum Thema Moderhinke ein paar sehr informative Merkblätter zusammengestellt. Du findest sie auf deren Homepage: https://www.kleinwiederkäuer.ch/de/prog ... senswertes (ganz unten unter "Wissenswertes")

Ansonsten:

- die evtl. kontaminierte Fläche würde ich mindestens vier Wochen nicht mehr beweiden
- unbedingt den gesamten Bestand behandeln
- Klauenwerkzeuge nach dem Ausschneiden von erkrankten Klauen desinfizieren
- abgeschnittenes Horn zusammennehmen und über den Hausmüll entsorgen. Nicht auf den Miststock / Wiese werfen!
- in Zukunft kannst du das wie folgt verhindern: neu zugekaufte Tiere mittels Tupferprobe prüfen lassen und in Quarantäne stellen, bis du das Ergebnis hast / saubere Transportfahrzeuge / unbedingt darauf achten, dass Besucher, Schafscherer, Tierärzte und natürlich auch du selbst (!) "saubere" Schuhe tragen, bevor sie den Stall oder die Weide betreten (ansonsten Überziehschuhe oder Desinfektion der Schuhe) / regelmässige Klauenpflege

Und zum Schluss: Bloss nicht verwzeifeln! Wenn du die Behandlung korrekt und konsequent durchführst, bringst du die Moderhinke auch wieder weg!
Über den Hund rede nicht mit anderen Hirten. Die sehen das nicht
objektiv; jeder denkt, sein eigener Hund sei der beste. Lass sie denken.
Der beste Hund ist dein Hund. Das wisst ihr beide, dein Hund und du.


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Re: Moderhinke

Beitrag von moony »

Moin zusammen,

die letzten zwei Wochen gabs Regen und warm. Waren wohl optimale Bedingungen dafür, dass die Bakterien doch länger als 3 Wochen überleben. Oder ich hab das erkrankte Tier doch nicht so schnell aus der Herde genommen wie gedacht, zumindest hab ich jetzt zwei mit Hinken und Modern.
In Zukunft: besser vorsicht als nachsicht :klug:
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Chrigula
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Re: Moderhinke

Beitrag von Chrigula »

moony hat geschrieben: So 1. Nov 2020, 21:14 die letzten zwei Wochen gabs Regen und warm. Waren wohl optimale Bedingungen dafür, dass die Bakterien doch länger als 3 Wochen überleben. Oder ich hab das erkrankte Tier doch nicht so schnell aus der Herde genommen wie gedacht, zumindest hab ich jetzt zwei mit Hinken und Modern.
In Zukunft: besser vorsicht als nachsicht :klug:
Hey moony. Mich würde interessieren: Wie hast du die Tiere denn nun behandelt? Hast du überhaupt behandelt?
Über den Hund rede nicht mit anderen Hirten. Die sehen das nicht
objektiv; jeder denkt, sein eigener Hund sei der beste. Lass sie denken.
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