Moderhinke

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moony
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Re: Moderhinke

Beitrag von moony »

Peter, spannendes Produkt. Meinst du, das kann bei Einzeltieren, die in Quarantäne sind, das Klauenbad ersetzen kann?

Momentan sind alle betroffenen Tiere in Behandlung. Echt blöder Zeitpunkt, da ja doch immer etwas stressig und die Tiere frisch gedeckt sind. Aber das Klauenbad aussetzen würde ich jetzt nicht wollen.

Zur Wirkung von Klauenbädern habe ich ganz unterschiedliche Angaben gefunden. Ob sie helfen oder nicht, den Erreger wieder völlig aus der Herde heraus zu bekommen, hängt wohl von der Schwere der Erkrankung ab, ob die Tiere mit sauberen Klauen in das Standbad gehen, ob die Klauen dann regelmäßig geschnitten werden, sodass alle mini-Taschen, in denen der Erreger überleben könnte, auch wirklich raus gehen, von der Höhe des Klauenbads, ob die Tiere danach erstmal trocken stehen und natürlich vom Weidemanagement.

Bei einem Score von 1-2, also im Anfangsstadium der Infektion, zusammen mit frisch geschnittenen Klauen wird wohl eine Heilung von 66% der Tiere angegeben (Die Klauen wurden in dieser Studie vorher allerdings nicht gereinigt). Zusätzlich sollen die Tiere nach dem Standbad 1h trocken stehen, am besten die Wochen danach trocken aufgestallt, damit alles Ausheilen kann. Zinksulfat soll 1mm in die Klauenwand eindringen, empfohlen werden min. 10 Minuten und 20% Konzentration. Vor Formaldehydbädern wird mittlerweile abgeraten.

Die Kombination Klauenschnitt, Impfung und Klauenbad soll zu einer näherungsweise 100%igen Heilung führen. Da die Impfung aber schwere Nebenwirkungen hat, und die Gotländer auf Heptavac schon mit monatelangen Abszessen kämpfen, bin ich da mehr als skeptisch...

Momentan kriegen meine infizierten Tiere 1* wöchentlich 20%iges Zinksulfatbad mit etwas Spülmittel für 15 Minuten als Standbad, vorher werden die Klauen so gut es geht gereinigt und ggf. Nachgeschnitten, Taschen werden großzügig ausgeschnitten jedoch ohne lebendes Gewebe zu verletzen. Danach stehen sie ca 1 Stunde trocken auf Kopfsteinpflaster. Die beiden Tiere mit Symptomen wurden mit AB-Haltigem Blauspray versorgt. Die Standhöhe meines Klauenbads ist 8cm, sollte bei so einer mittelgroßen Rasse wie meiner wohl mehr als ausreichen. Momentan wissen die Tiere ungefähr was passiert und bleiben mehr oder minder entspannt im Klauenbad stehen. Manche käuen irgendwann wieder, andere... wollen eigentlich schnellstmöglich wieder raus. Nach dem Abtrocknen auf dem Hof kommen sie auf ein noch nie beweidetes, frisches Stück Grünland. Bisher habe ich 4* das Klauenbad durchführen können, ich denke, 6* sollte es mindestens sein (auch hier unterschiedliche Angaben und Empfehlungen von 4 - 10 Wochen).
Eigentlich sieht alles gut aus, soweit ich das beurteilen kann, nix fault, nichts bricht ab, nichts eitert, nichts ist grau, es sieht fast alles aus wie es aussehen soll. Nur der Zwischenklauenspalt ist immernoch haarlos und komplett weiß. Bei manchen Tieren löste sich vorm 2. Klauenbad beim Reinigen eine Art "Schorf" von der Haut im Zwischenklauenspalt, die komplett weiße, feste, trockene Haut zum Vorschein brachte. Ich kann nicht einschätzen, ob das Heilung oder Stillstand bedeutet. Bisher bleibt sie weiß. TA kann auch nicht weiter helfen.

Das Tier, was mir Moderhinke eingeschleppt hat, hatte einen Erkrankungsscore von 1-2 (2.1 an einer Klaue um genau zu sein, 1 an den restlichen Klauen. Das Scoring system Unterscheidet zwischen Scores 0 = gesund bis 5 = ausschuhen mit jeweils 4 Unterstufen) und wurde an sich mit Oxytetracyclinhaltigem Spray behandelt. nach 3 Wochen im Stall mit Begleittier war von der Infektion nichts mehr zu sehen. Das Tier, was als zweites angefangen hatte minimal zu lahmen, nachdem es auf eine noch scheinbar kontaminierte Weidefläche kam (auch hier, unterschiedliche ANgaben, auch aus neuen Studien und Merkblättern, wie lange der Erreger in der Umwelt überlebt), hatte einen Score von 1.2, der Rest zeigte keine Auffälligkeiten.
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Steffi
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Re: Moderhinke

Beitrag von Steffi »

Laut meinen TA (und der TiHo Hannover) erzielt man die besten Erfolge mit Tetracylin-Injektion und vernünftiger Klauenpflege.
Nur mit Schneiden, Blauspray und Klauenbädern dauert das alles wesentlich länger (Schmerz!) und der Erfolg ist nicht zwingend gegeben. Die Anwendungs"fehler" hast Du ja selbst schon beschrieben.

LG und viel Erfolg
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moony
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Re: Moderhinke

Beitrag von moony »

hallo steffi, danke für deinen rat.

die klauen meiner tiere sind immer in top zustand. die infektion fängt im zwischenklauenspalt an, nicht in den klauen selber. entgegen henrys aussage "die gut gepflegte klaue erkrankt nicht" ist es bei mir dennoch passiert.
die ungepflegte klaue bietet hingegen optimalen nährboden für eine schnelle ausbreitung in der herde und ein schnelleres voranschreiten der erkrankung am befallenen tier.

die antibiotikuminjektion soll sehr gut wirken, ja. sie wäre für mich der letzte ausweg, falls es wieder kommen sollte, nachdem die klauenbäder beendet sind oder jetzt, wo es seit gestern nacht bei mir durchregnet, doch noch etwas passieren sollte, da der boden entsprechend durchweicht ist.
dann aber vermutlich im frühjahr, wenn die lämmer geboren sind. laut ta sollten langzeitinjektionen bei trächtigkeiten vermieden werden

EDIT: Schmerzen sollen Klauenbäder wohl nur bereiten, wenn offene Wunden/Infektionen vorhanden sind und mit Formaldehyd gearbeitet wird. Bisher hatte ich nur einmal ein 8-Monate altes Lamm, was arg im Klauenbad und kurze Zeit danach geknirscht hat. Ich hab es komplett durchgecheckt (Fieber, Lymphknoten, Pansen, Lunge, Verletzungen (auch im Maul)) aber nichts gefunden. Den nächsten Tag auf der Weide war alles top und es ist nie wieder passiert. Da ca. die Hälfte anfängt wieder zu käuen, denke ich nicht, dass das Klauenbad ihnen schmerzen bereitet.
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Re: Moderhinke

Beitrag von Steffi »

Ich meinte nicht Schmerzen durch das Klauenbad, sondern durch die kranke Klaue. Moderhinke soll superschmerzhaft sein. Ich würde da (bei meinen Schafen) wirklich abwägen, ob ich den Tieren den Streß mit Fußbädern, ständigem Schneiden und Blauspray und die anhaltenden Schmerzen antue - und das Risiko, daß sie dadurch die Lämmer evtl. verlieren - oder ob ich das Risiko der systemischen Antibiotikabehandlung eingehen würde.
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Re: Moderhinke

Beitrag von moony »

ach, das meinst du.

Ja, mir ist im September zu aller erst das Lahmen aufgefallen. Das kranke Tier hat viel gelegen und hat eine Klaue nicht belastet. Ich hab sie dann umgedreht aber nichts gesehen. Da ich eine halbe Woche vorher die Klauen geschnitten hatte, dachte ich, es könnte daran liegen. Ich hatte mal ein Schaf, egal wie vorsichtig und Lehrbuchmäßig man geschnitten hat, es hat ein paar Tage danach immer etwas gelahmt. Da die Weide unebenes Terrain hat und sich ab und an mal wer verknackst, dachte ich, es läge an einem der beiden Gründe.
Als es paar Tage später nicht besser wurde, hab ich sie nochmal umgedreht, da hat man dann erst die Erkrankung gesehen (und gerochen).
Ich hab sie noch am gleichen Tag mit AB behandelt und trocken in einen Unterstand verfrachtet. Einen Tag später lief sie wieder ganz normal, dennoch blieb sie 3 Wochen in Quarantäne.
Die anderen hatte ich den nächsten Tag von der Fläche genommen und die Fläche etwas länger als 3 Wochen ruhen lassen (da ja lt. Literatur der Erreger nur 7-14 Tage überlebt), die Gruppe in Ermangelung von Alternativen, dort aber wieder drauf gestellt.

War scheinbar nicht der Fall. Ein anderes Tier hat ne Woche später minimalst gelahmt, einem Laien wäre es nicht aufgefallen. Wieder, direkt trocken aufgestallt, MH-Abstrich gemacht und AB drauf.

Da ich aber nicht ausschließen kann, dass sich der Rest nicht doch was geholt hat, und um sicher zu gehen, dass es bei den beiden auffälligen Tieren wirklich ausgeheilt ist, eben meine jetzige Vorgehensweise. Jedes Tier einzeln zu testen und dann in Kleinstgruppen unterschiedlich zu behandeln kann ich weder zeitlich noch der Fläche wegen leisten.

Die typischen Moderhinkebilder mit Tieren, die sich nurnoch auf ihren Gelenken fortbewegen und völlig verfaulten, ausgeschuhten Klauen gibt und gab es also bei mir nicht. Kein Tier lahmt, bei keinem ist Modder irgendwo an der Klaue/Klauengewebe, alles Klauenhorn ist so dran, oder eben weggeschnitten, wie es sich gehört. Wären diese typischen Bilder der Fall, würde ich nicht so zögern, was Impfen oder Langzeitinjektion an geht.

Ich lege jedem Interessenten das Scoring system bei MH ans Herz. Wer Englisch kann, der schaue am besten unter "Footrot - A guide to identification and control in the field" von der "Australian Wool Innovation Ltd" ans Herzen. Seiten 10 - 12 haben gute Bilderreihen und detaillierte Beschreibungen zu den Verschiedenen Stadien.

Mein allererste Fall hatte einen Score von 2.1 und das darauffolgende von 1.2, also wirklich alles im Anfangsstadium.

Ja, das Klauenbad ist nicht schön für Mensch und Tier, auch unter dem Aspekt der Frühphase der Trächtigkeit. Ich denk aber, ich hab das Glück, dass diese Gruppe zumindest sehr zahm ist, was den Stress minimiert. Sie laufen von allein auf den Hänger, gehen allein ins Klauenbad und bleiben darin mehr oder weniger entspannt stehen, ein paar unentspannte kandidaten hat man ja immer dabei. Das vorher Klauen reinigen ist denke ich das stressigste, da die Damen da meist nicht so von begeistert sind. Ist aber nach etwas Futter auch schnell vergessen. Hoffe ich zumindest.
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Re: Moderhinke

Beitrag von peter e. »

moony hat geschrieben: Di 1. Dez 2020, 14:47 Peter, spannendes Produkt. Meinst du, das kann bei Einzeltieren, die in Quarantäne sind, das Klauenbad ersetzen kann?
Mit reinem Zinksulphat und als alleinige Anwendung halte ich es nicht unbedingt für zielführend.
Zinksulphat hat keine desinfizierende Wirkung, es härtet die Klaue und trocknet sie aus. Deshalb wird oftmals davon abgeraten, weil dadurch die Krankheitskeime <eingeschlossen> werden und sich vermehren können. Nichts desto trotz habe ich (bilde ich mir ein) mit einer Sprühflasche eine Zinktinktur auf die befallenen Klauen gesprüht (in den Klauenspalt) und konnte sagen, dass es kein Fehler war.
Kupfersulphat ist ein antibakterielles Mittel (siehe Weinbau) und wurde früher auch zur Endoparasitenbehandlung eingesetzt: jeder Wanderschäfer hatte ein Fläschen Kupfervitriol einstecken.
Deshalb ist die Kombination von Zink und Kupfer plus den anderen Mitteln in meinen Augen das Mittel der Wal.
Siehe auch - falls du es nicht kennst - hier klicken.
peter e.

Auch dem Schwächsten ist ein Stachel gegeben -
sich zu wehren.

frei nach Schiller
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Re: Moderhinke

Beitrag von Fenja »

Ich habe auch mal ne Frage zu moderhinke.
Wenn sich bei den klauen Taschen bilden, ist das Schaf automatisch mit moderhinke befallen?
:Kuh:
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Re: Moderhinke

Beitrag von Heumann »

Fenja hat geschrieben: So 24. Jan 2021, 13:00 Ich habe auch mal ne Frage zu moderhinke.
Wenn sich bei den klauen Taschen bilden, ist das Schaf automatisch mit moderhinke befallen?
Nein.
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Re: Moderhinke

Beitrag von moony »

Moin zusammen,

als kurzes Update: Kontrollabstriche negativ. Tiere standen 4 Wochen auf feuchtem Grasland, nix passiert. Schien funktioniert zu haben.

@Fenja: Taschenbildung ist va. bei feuchter Witterung draußen und anfälligen Tieren/Rasse normal. Sollten ausgeschnitten werden um Infektion/weiteres einreißen der Tasche zu verhindern. Ist aber nichts schlimmes. Mit etwas Gefühl und einem sehr scharfen Messer arbeiten.
Hier findest du eine Anleitung, ganz unten, wie Taschen aus zu schneiden sind: http://www.ofm.ch/Milchschaf/pflege_klauen.htm
Fenja
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Re: Moderhinke

Beitrag von Fenja »

Vielen Dank für den Link. Da ist das klauenschneiden gut erklärt.
:Kuh:
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